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Re: [OT]Englisch oder Deutsch? (War Re: Wohin mit den eigenen init-Skripten?)



Moin,

Am 14.02.2016 um 18:32 schrieb Sven Hartge:
> Jan Kappler <public@jan-kappler.de> wrote:
>
>> Mich ärgert allerdings immer wieder mal, das Entwickler mit Deutsch
>> als Muttersprache fast immer auf Englisch kommunizieren. Sie schreiben
>> einen Blog auf Englisch, berichten über ihre Arbeiten auf Englisch,
>> schreiben die Hilfen und Dokumentationen auf Englisch - warum? Klar,
>> es kostet Zeit, zweisprachig zu arbeiten, und im IT-Bereich hat sich
>> Englisch etabliert, im international kommunizieren zu können. Für den
>> Anwender ohne ausreichende Kenntnisse ist das aber ärgerlich.
> Das ist ein selbstverstärkendes Phänomen.
>
> Die Entwickler- und auch Nutzergemeinde ist größtenteils
> Englisch-sprachig. Wenn du also als Entwickler ein möglichste großes
> Publikum an Mitentwicklern und Anwendern ansprechen willst, dann
> kommunizierst du natürlich auch in Englisch.
>
> Und damit schließt sich dann der Kreis.

Klar, das leuchtet mir ein. Andererseits - wie groß ist der Teil der
Anwender mit Englisch (bzw. US-Englisch) als Muttersprache an der
Weltbevölkerung? (Keine Ahnung, ich hab nicht recherchiert. Vermutlich
dürfte der Anteil der nicht-englischsprachigen Menschen größer sein,
denkt man an China und Indien.)

Das Problem rührt doch daher, das sich Englisch - egal aus welchem Grund
- als "Weltsprache" etabliert hat, um möglichst weltweit kommunizieren
zu können. Nicht umsonst wählt man in Ländern wie Indien Englisch als
Verkehrssprache, weil dort so viele Dialekte und Sprachen existieren,
das die Kommunikation schwierig wird. Englisch kam halt durch GB als
Kolonialmacht dorthin, deshalb hat man es gewählt, vermute ich. Nicht
umsonst wird in einigen Ländern Afrikas Französisch gesprochen.

Eine einheitliche "Weltsprache" wird es nicht geben, auch wenn die
Sciencefiction das immer mal postuliert. Kunstsprachen wie Esperanto
haben bisher kaum Verbreitung gefunden und ich gehe nicht davon aus, das
sich dies zeitnah ändern wird. Letztlich stellen Sprachen auch
kulturelles Erbe dar und es gibt weltweite Anstrengungen, möglichst
viele für die Nachwelt zu erhalten. Das Problem des "babylonischen
Sprachgewirrs" bleibt uns also vermutlich noch lange erhalten.

Das sich Wissenschaft wie auch IT überwiegend auf Englisch festlegen,
hat meines Erachtens aber den Nachteil, das man die Fähigkeit zur
Kommunikation in der eigenen Muttersprache auf dem Fachgebiet verliert.
Schaut euch diverse Diskussionen und Kommentare an - viele verwenden
immer häufiger Denglisch oder gar englische Begriffe, weil sie ihnen
geläufig sind und sie sich nicht mal mehr die Mühe machen wollen, eine
Entsprechung in der Muttersprache zu finden.
Ich will damit nicht sagen, das dies in jedem Fall notwendig ist. Viele
Begriffe finden mit der Zeit Einzug in den allgemeinen Sprachgebrauch
und sind zudem nur umständlich zu übersetzen. Auf Krampf muss man das
nicht versuchen.
Andererseits bombardieren uns die Werbung im Alltag wie auch das
Geschwafel in Unternehmen (toll: englischsprachige Stellenanzeigen von
deutschen Unternehmen in deutschen Zeitungen/Zeitschriften!) tagtäglich
mit englischen Begriffen, für die es ganz selbstverständlich deutsche
Entsprechungen gibt, nur weil Englisch "cooler" und "globaler" klingt.
Das fördert den Trend der Faulheit in der IT, anders als auf Englisch zu
kommunizieren, was ich bedenklich finde.

> Wie das z.B. aussieht, wenn der Entwickler aus einer anderen Sprache
> kommt, habe ich selbst einmal deutlich gesehen. Ein Opensource-Projekt,
> welches ich einsetzen wollte, kam aus Frankreich. Nicht nur war die
> Dokumentation größtenteil in Französisch, nein, auch der Quelltext war
> in Französisch, also mit Französischen Kommentaren, Funktions- und
> Variablennamen.
>
> Verstehen, anpassen und nutzen des Codes war mir faktisch unmöglich.
> Zeigte sich, dass es auch nicht nur mir so ging, denn das Projekt
> schlief schnell ein, nachdem der Hauptentwickler sich zurück gezogen
> hatte, weil jeder andere, der nicht der Französischen Sprache mächtig
> ist, erst einmal ein komplettes Refactoring vom Code hätte machen
> müssen, um sich überhaupt zurecht zu finden.
>
> S°

Schönes Beispiel :-) Ich mag gerne originale Informationen (NASA oder
so) lesen, benötige für ein gewisses Verständnis der Texte aber so viel
Zeit, das ich meist nach wenigen Zeilen aufhöre, wenn der Text länger
ist. Bei Französisch müsste ich völlig aufgeben...

Eine Lösung habe ich leider nicht parat, das ärgert mich halt. Irgendwie
hege ich die Hoffnung, das doch noch ein "Universalübersetzer" erfunden
wird und ich das noch erleben darf :-) Gewisse Fortschritte - zumindest
für triviale Sprach-Kommunikation - scheint es schon zu geben...

-- 


Mit freundlichem Gruß
Jan Kappler


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