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Re: Tidenuhr - xtide



On Wed, Nov 24, 2010 at 09:11:15AM +0100, Peter Funk wrote:
> Hallo Wilko,
> 
> Wilko Fokken schrieb am Mittwoch, den 24.11.2010 um 03:42:
> 
> > Mein Problem bleibt vielleicht, daß meine Tidenuhr auf schwacher,
> > billiger Rechnerarchitektur bei geringem Stromverbrauch laufen soll,
> > d.h. die schwierigen mathematischen Tidenberechnungen wollte ich am
> > liebsten umgehen um zu vermeiden, daß so ein kleiner Spaß den Rechner
> > nur am Schwitzen hält %(°°
> 
> Wenn eine grafische Oberfläche eingesetzt wird (auch ICEWM erfordert
> zumindest einen voll ausgestatteten X11-Displayserver), dann fallen 
> die wenigen CPU-Zyklen für diese Berechnungen nicht mehr ins Gewicht.  
> Aber es sollte beachtet werden, dass die Autoren von xtide ausdrücklich 
> davor warnen, sich bei der Navigation auf dieses Programm zu verlassen.
> Die Verantwortung dafür, den Kahn nicht auf Grund zu setzen, trägt 
> eben nach wie vor der Skipper. ;-) 
> 
> Anbei ein Teaser:  Interessant finde ich den Zeitversatz der jeweiligen
> Hochwasser-Zeitpunkte zwischen hier (Unterlauf der Weser) und z.B. der
> ostfriesischen Insel Baltrum.  Als Laie (Landratte? ;-) ) hätte ich
> nicht gedacht, dass der so groß ist.
> 
> Mit freundlichen Grüßen,
> Peter Funk


Hallo Peter,

Die Warnung der Autoren von 'xtide' ist nicht mit der salvatorischen
Klausel der pharmazeutischen Industrie zu verwechseln:
"Bei Risiken oder Nebenwirkungen essen Sie die Packungsbeilage ..."

Allein die Mondbahnberechnung ist nicht trivial, dazu kommt die für
jeden Referenzort gesondert zu berechnende Tidenperiode, abhängig von
lokalen Stromhindernissen und der Eigendynamik der Tidenwelle, die
wiederum abhängig ist von der Wellenhöhe: ein Griff in die Chaoskiste.

Ich glaube, in Bremerhaven sah ich einmal einen mechanischen Tidenrechner
aus der Vorkriegszeit: Der füllte einen ganzen Raum.

Mit einem offenen Jollenkreuzer, der sein Schwert jederzeit schnell
hochziehen kann, wäre ich zwar nicht wirklich bange vor einer Grund-
berührung, und teure seewasserfeste Spezialelektrionik würde ich mir
(außer Echolot und GPS) eher nicht kaufen: Mein oben beschriebener
mechanischer Tidenwecker + Tidenkalender weicht ohne Windeinflüsse
maximal 13 / 2 = 7 min von der wahren Tide ab, wenn ich die Mittelzeit
aus den beiden Zeitpunkten von Hoch- und Niedrigwasser als die Basis
für die Tidenzeit meines Tidenweckers einstelle.

Daß die Tide so langsam wandert, liegt vor allem an den Meeres- und
Flußströmungen; wer schon mal beobachtet hat, wie eine ganz normale
Meereswelle gegen eine ablaufende Flußströmung in Zentimeter-Speed
hochschleicht, dem wird sofort klar, daß es der Tide nicht anders geht.

Nach dem Autoren Dr. Karlheinz Neumann, der in den 70er Jahren mehrere
Bücher über Segeln an der Nordseeküste geschrieben hat, entspringt
unsere Nordsee-Tidenwelle im indischen Ozean, läuft zur südamerikani-
schen Küste, wird dort reflektiert und wandert über den Atlantik, dann
zwängt sie sich durch den Englischen Kanal und kommt schließlich bei
uns in der Nordsee an - das dauert insgesamt 3 Tage.

Die Schulvorstellung, nach der der Mond zwei Wellen erzeugt, die seiner
Anziehungskraft folgen, würde stimmen, wenn es keine Kontinente gäbe.

Auf den großen Ozeanen ist die Tidenwelle sehr flach, ca. 50 cm hoch,
und läuft fast mit der Wandergeschwindigkeit des Mondes mit. In den
Küstenbereichen staut sie sich auf, wird langsamer, dafür höher. Im
Seebereich vor den ostfriesischen Inseln liegt die Tidenhöhe bei
2,20 m; sie kann in den Trichtermündungen unserer Flüsse bis um 4 m
Höhe erreichen.

In Hellsgate (?) an der amerikanischen Ostküste sollen Tiden bis zu
20 m Höhe erreichen. Unsere Ostsee hat wiederum kaum Tidenwirkung,
weil im Skagerrak zwei unterschiedliche Tiden zusammentreffen: eine
vom Ärmelkanal, die andere von Norden her. Die heben sich gegenseitig
weitgehend auf.

Um von der Nordsee (Helgoland) bis nach Hamburg zu gelangen, braucht
das Hochwasser fast 5 Stunden, das Niedrigwasser noch eine halbe Stunde
länger; dort ist der mittlere Tidenhub noch 3,6 m.

"Wie Kürze denn des Witzes Seele ist,
Weitschweifigkeit der Leib und äußre Zierrat,
faß' ich mich kurz."

(ließ Shakespeare einen alten Schwätzer sagen.)

Also ganz kurz:

Als Pietist alter Sorte suche ich für meine kleine Nebensache eine
schlanke Lösung; mein Rechner ist von 1996, mit RAM-Erweiterung und
neuer Festplatte; darauf: Sarge.

Ich werde in meinen alten C-Büchern kramen.

Hilfe suche ich, um vielleicht ein für mich riesiges Clock-Programm
nicht erst ganz durchforsten zu müssen auf der Suche nach einer
brauchbaren Stelle, an der ich eine Subroutine einfriemeln kann,
die ich selbst bearbeiten will.

Tja, so is nu mal das nasse Hobby:

"Segeln heißt, unter der kalten Dusche stehen
 und Hundertmarkscheine zerreißen."

(Solches Leid möchte ich meinem Computer ersparen.)


Gruß Wilko

-- 
Wilko Fokken . . . . . . . . . . . . "Beware of old men:
Landschaftspolder 67 . . . . . . . .  they haven't got anything to loose."
D-26831 Bunde
-------------------------  . . . . . .Peter Scholl-Latour
Tel. 04953-9219882


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