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Re: [OT] Hurd (was: Re: Neu hier auf der Liste. (smtp-relay problem))



Meinolf Sander <mesa@netcologne.de> writes:

> Du hast Dich damit vermutlich intensiver (als ich) beschäftigt;

Geht so ;-)
Ich hatte immer den Eindruck, daß sich das gar nicht erst lohnen
würde. Dafür war die Entwicklung bei Hurd immer schon zu surreal.

> ich hatte mal ein paar Wochen Hurd installiert und die ML abonniert.
> Es gab schon etliche Leute, die Pakete für den Hurd portiert haben.
> Allerdings war Debian GNU/Hurd so grottenlangsam, daß es mir keinen
> Spaß mehr machte, damit zu experimentieren.  Für ein Produktivsystem
> war es IMHO (noch) nicht zu gebrauchen.
> Aber könnte das in einigen Jahren nicht anders aussehen?

Da habe ich extreme Zweifel. Die Hurd Entwicklung ist im Grunde schon
steinalt aber kommt einfach nicht von der Stelle. Ungefähr '91 (IIRC)
wurde so langsam begonnen, an Hurd konkret zu basteln. Wie weit man
dabei im Vergleich zu Linux dabei gekommen ist, konntest Du ja schon
feststellen.
Immerhin läuft es jetzt sogar halbwegs, während in der ersten Hälfte
der 90er von Hurd einfach noch nichts zu sehen war, außer Papier und
Ankündigungen. Linux war da schon längst der Nische entwachsen und
relativ weit verbreitet.

Ich habe mir Hurd irgendwann '97 oder '98 mal näher angesehen, aber
Linux war dagegen selbst in den Zeiten von frühern Kerneln 1.x weit
brauchbarer - und das war einige Jahre zuvor.
Mit Hurd konnte man dagegen immer noch nichts anfangen.

Da das allgemeine Interesse an Hurd auch verschwindend gering zu sein
scheint, ist da auch kaum Besserung in Sicht. Noch dazu braucht man es
einfach nicht wirklich, weil man mit Linux eine gut etablierte
Alternative hat, dergegenüber Hurd kaum praktische Vorteile
bietet. Das es Linux jemals wieder einholen kann, kann ich mir nicht
vorstellen. Wie auch und warum?

Das wirklich gute am ganzen Trauerspiel rund um Hurd war wohl, das im
Vorfeld viele Sachen vorangetrieben wurden, von denen letztendlich
Linux profitiert hat. Die ganze GNU Software war ja im Grunde für Hurd
geplant. GNU libc, gcc usw. sollten ja irgendwann eine GNU Unixversion
bilden, mit Hurd als Kernel. An dieser Darstellung hielt die FSF
jedenfalls lange offiziell fest, selbst als sie durch Linux
unwiderlegbar schon seit Jahren von der Wirklichkeit überholt waren.
Deshalb auch z.B. der manchmal seltsam anmutende Dogmatismus von Seiten
der FSF, von einem GNU/Linux System zu sprechen (was sich bei Debian
bis heute erhalten hat), also einem GNU System mit Linuxkernel, statt
einem Linux oder nur GNU System. Offiziell war und ist halt Hurd "der"
GNU Kernel.

Bis auf ebendiesen Kernel kam ja auch alles ganz gut voran und das
Vakuum hat dann schlicht der Linuxkernel gefüllt, der ohne diese
`Vorarbeiten' vermutlich gar nicht möglich gewesen würde.
Wenn man so will, hat man heute mit einem Linuxsystem ein Hurdsystem
mit anderem Kernel vor sich ;-)
Und der tut für die meisten Leute ganz gut.
Die gerade im Aufbau befindliche Debian Hurd Distribution macht also
das, was eigentlich von Anfang an mal geplant war - sie plaziert den
ursprünglich einmal geplanten Kernel im GNU System. Aus GNU/Linux wird
GNU/Hurd. Nur halt knapp 10 Jahre an der Wirklichkeit vorbei.

Was die Zukunftsaussichten angeht: Was will man heute noch mit Hurd?
Es ist kaum verbreitet, mit allen daraus resultierenden Folgen: Wenig
Entwickler, wenig Interesse, kaum bekannt, kaum Treiber, nicht
ausgereift, usw.
Man muß schon ziemlich leidensfähig sein und ideologisch ziemlich
fanatisch auf Linie der FSF liegen, wenn man auf Hurd setzen will.
Oder man ist Bastler und hat einen Faible (sp?) für sowas.
Denn neben der politischen Bedeutung im Umkreis der FSF hat es einfach
IMHO keine relevante praktische Bedeutung und keine Chance mehr,
eine solche zu erreichen.
Wer zu spät kommt, den...

cu,

marcus

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Ich gönne es meinem Kernel, ein SIGSEGV an msword.exe schicken
zu dürfen...                         [Axel Schwenke in dcoulm]
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