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Re: Eigene Vokabelhefte sollen fremdem Monopol unterliegen?



Ich versuche mal meine Kenne zu ergänzen und hoffe damit der allgemeinen
Verständlichkeit Vorschub zu leisten...

Peter Voigt schrieb:
Am 16.12.2005 um 16:26 schrieb RalfGesellensetter

kannst du vielleicht auf der Liste aus deiner Sicht was zum Thema sagen, ...


Manche Fragen sollte man nicht stellen. Hier hast Du die Antwort:

*g*

Grundsätzlich sind zwei Fälle zu unterscheiden.

I. Werkschutz aufgrund schöpferischer Leistung
<snip/>

Ein einzelnes Datum an sich bekommt durch den bloßen Vorgand der Einbindung
in eine Datenbank *keinen* zusätzlichen urheberrechtlichen Schutz, der ihm
nicht schon vorher zusteht.

Die schöpferische Leistung eine Datenbank betreffend bezieht sich auf die
spezifische Auswahl, Zusammenstellung und die "Datenaufbereitung" hinsicht-
lich eines konkreten Nutzungsszenarios.

Darunter fallen nach üblichem Verständnis die Gesamtheit/Summe von
a) auf die Nutzung abgestimmtes Datenmodell
b) auf die Nutzung abgestimmte Auswahl der Daten
c) auf die Nutzung abgestimmte Aufbereitung/Ergänzung der Daten
   (i.S.v. Metadaten)


II. Datenbank

Eine Zusammenstellung von Daten (sprich Vokabeln) kann dem sog.
Leistungschutzrecht nach § 87a UrhG unterfallen, falls ihre Beschaffung,
Überprüfung oder Darstellung eine nach Art und Umfang wesentliche
Investition erfordert.

Abgestellt wird auf die Kosten des Herstellungsprozesses, während es  im
 vorigen Abschnitt nur auf den schöpferischen Gehalt des  Ergebnisses
ankam.
<snip/>

Das zielt nach meinem Verständnis -- IANAL -- im Wesentlichen auf den
Vorgang des 'Fütterns' der Datenbank an sich ab.
Der schützenswerte Teil der "Datenaufbereitung" bezöge sich hier vor allem
auf formal-technische Aspekte (Formatkonvertierungen, Suchen und Beheben
von Fehlern und Inkonsistenzen, etc.).


Wann eine Investition vorliegt, die als wesentlich im Sinne des Gesetzes
anzusehen ist und den Schutz des § 87 a UrhG auslöst, hat  der
Gesetzgeber offen gelassen.

Bei der Zusammenstellung von Vokabellisten aus gängigen Fremdsprachen
wird man selten wesentliche Investitionen annehmen können, es sei  denn,
 es lägen außergewöhnliche Umstände vor.
<snip/>

Ich verstehe das so, daß die persönliche [Neu-]Eingabe und [Neu-]Redigierung
von Daten eine eigene, unabhängige Investitionsleistung ist, im Unterschied
zum simplen -- mehr oder weniger DV-gestützten -- Kopieren und/oder Import
von Datenbeständen.

Hier ist IMHO darauf zu achten, Schutz nach Punkt I nicht mit Schutz nach
Punkt II zu verwechseln. ;-)


Und noch zur Abrundung: Der Jurist unterscheidet zwischen  'Datenbanken'
 und 'Datenbankwerken'. Erstere unterfallen § 87a UrhG,  letztere § 2
UrhG. Man kann den Unterschied leicht übersehen, wenn man juristische Texte durchstöbert.

Ich habe oben immer einfach von "Datenbanken" gesprochen.
"Datenbankwerke" sind mir neu, ebenso habe ich bisher ebendiesen
(feinsinnigen?) Unterschied dazwischen wolh immer übersehen. ;-)

Läßt sich dazu eine praxisverständliche Hilfe zur Abgrenzung der beiden
Begriffe formulieren?
Oder läßt sich gar -- extrem verkürzend und vereinfachend -- sagen?:
Der schöpferische Schutz dreht sich um "Datenbankwerke",
der Leistungs-/Investitionsschutz um "Datenbanken".


III. Die Praxis
<snip/>
Sollte beispielsweise der übereinstimmende Durchschnitt von Vokabellisten
mehrerer Verfasser veröffentlich werden, sinkt das rechtliche Risiko.

Je älter und je schwerer zugänglich das Referenzwerk ist, dass man  als
Ausgangsgrundlage heran zieht, umso geringer fallen die Chancen  eines
Anspruchsstellers aus.

Ja, das sind die für die Praxis entscheidenden zwei Ansatzpunkte.
(lies: the way to go[tm] ;-) )

In jedem Fall ist man IMHO wohl auch auf der sichereren Seite, falls man
bei der Übertragung einer bereits anderswo veröffentlichen Vokabelliste
*gezielt* hin und wieder kleine Weglassungen und Ergänzungen einbaut.

Mein Vorschlag daher:
Existierende Daten/Listen nur zu 2/3 oder so übernehmen und /stellenweise/
durch eigenes Wissen ergänzen.
Die Vollständigkeit kann dann besser in einem zweiten Schritt über das
Mischen und Zusammenführen solcher Teillisten -- die auf jeweils
unterschiedlichen(!) Bezugsquellen aufbauen -- erfolgen.

Als guten Ansatzpunkt für die Praxis, auf welchem man ohne(!) zwangsweise
Verkrüppelung aufbauen könnte, sehe ich in diesem Zusammenhang insbesondere
die von SchülerInnen in ihren eigenen Heften gepflegten persönlichen Wort-/
Lernlisten, als auch solche, die von LehrerInnen für einzelne Vokalbeltests
spezifisch vorgegebenen werden.

...Aus der Praxis für die Praxis. ;-)


Ich hoffe, mit diesen dürren Worten zur allgemeinen Verwirrung über  die
 geltende Rechtslage beigetragen zu haben.

Sic! ;-)
Danke für deinen fundierten Beitrag!


Mit der Bitte um Korrektur, falls ich hier Zusammenhänge/Bedeutungen in
ein falsches Licht gesetzt haben sollte.

Beste Grüße,
  Patrick

--
Doing user testing is a fine thing, but it doesn't help you create.
It's the difference between being a proofreader and being a writer.
    -- Nathan Myhrvold



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