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Re: Tschuess ...



Am Do, den 29.07.2004 schrieb Soenke Müller um 10:09:
> @Siggi: Ich kann dich verstehen, bin auch sehr begeistert an das Projekt
> SkoleLinux rangegangen,
>              bin aber inzwischen auch schon wieder auf Abwegen unterwegs.
> Gründe: Deckungsgleich mit deinen!
> 
Hallo Siggi, Soenke, Flo,

ich wundere mich ein wenig über diesen Schlagabtausch. Für mich ist
Skolelinux auch neu, aber wenn ich es richtig verstehe müsste die
Installation so ähnlich sein wie bei meinem Debian sarge, tendentiell
vielleicht sogar etwas einfacher?

Ich habe ehrlich nicht verstanden, was Siggis Problem ist? Skolelinux
läuft out-of-the-box nicht so wie er will? Das macht Windows bei mir
schon solange, wie ich es kenne. Ich kann jedenfalls nicht erkennen, was
genau sein Problem ist. Da Soenkes ja "Deckungsgleich" sind könnte er
mich ja auch vielleicht aufklären. Was ist an Skolelinux konkret nicht
so, wie Ihr es Euch wünscht?

> > Das ist Open Source ....
> 
> Open Source .. schön und gut! Mir als Lehrer wird das Produkt aber nicht als
> Baukasten angeboten / angepriesen,
> sondern als fertigers Produkt, das einsatzfähig ist.

Ich preise Unix/Linux nicht als Produkt oder Baukasten an. Für mich ist
Unix/Linux *das* Betriebssystem schlechthin für alle Leute, die Lesen
können. Die Beherrschung dieses Systems ist schwierig und nicht
intuitiv, ich musste viele Jahre lernen und lesen, aber es hat sich
gelohnt, weil es die *einzige* Arbeitsumgebung ist, die mir die Freiheit
gibt zu tun, was ich will. Es stellt mir eine Umgebung zur Verfügung, in
der ich mit fast unbeschränkter Macht alles tun kann, was ich will, ich
liebe es. Es macht den Control-freak in mir glücklich. Der Preis der
Freiheit ist hoch, aber es gibt keinen Ersatz für wirkliche Freiheit.
Unix belohnt mich jeden Tag für meine Mühen. Ich muss beruflich große
Textmengen analysieren, kein anderes System würde mir erlauben riesige
Informationsmengen so elegant zu bewältigen: cat $verzeichnis/*.txt | tr
-cs 'A-Za-zäÄöÖüÜß' '\n' | sort | uniq -c >
$verzeichnis_bag_of_words.txt

Das ist nicht intuitiv, die Erklärung ist für jemanden, der gebildet
ist, aber auch nicht schwierig zu verstehen: Kenneth Ward Church: Unix
for Poets
http://www.stanford.edu/class/cs224n/new_handouts/kwc-unix-for-poets.pdf

Unix und Linux, die Toolsphilosophie, alles das steht für grenzenlose
Freiheit kreativ zu sein, zu tun, was man will und neues zu erschaffen,
es ist Lego in einer Playmobilwelt. Es ist die Arbeitsumgebung, in der
ich die Ruhe und Sicherheit finde, in der Zen erblühen kann, hier kann
ich aus mir selbst heraus erschaffen, was mir beliebt, ich kann die
Fähigkeiten entwickeln und pflegen, die aus mir selbst erstehen (l33t
skills), die Fähigkeiten, die definieren wer ich bin, im Gegensatz zu
den staatlich verordneten Bildungsinhalten des Lehranstaltswesens.

Aus diesem Grund haben Schulen keine Wahl: Unix, Kreativität und
Freiheit oder die Abrichtung der Schüler zu unbegrenzt ausbeutbaren
Human Ressourcen! In der Playmobilwelt ist alles fertig, aber das
einzige, was zu tun bleibt ist es noch mehr Figuren zu kaufen und wenn
man reiche Eltern hat das Piratenschiff, aber das ist es auch, ein paar
Legosteine dagegen in die Hände des richtigen Kindes gelegt genügen eine
eigene Welt erstehen zu lassen. 

> Nach den Ankündigungen in Presse und im Netz (selbst auf den skole-Seiten),
> denkt man ja: Wunder was für ein tolles System.
> Die Realität sieht aber halt ganz anders aus und das System hält (noch)
> nicht das, was man versprochen bekommt.

Unix hat mir nichts versprochen, es hat sich mir offenbart. Ein nicht
endende Kette von Epiphanien, in denen sich mir die Bedeutung vieler bis
dahin kryptischer Dateien oder Befehlsnamen erschlossen hat. Unix ist
99% Fleissarbeit, aber es belohnt den Lernenden wie es keine andere
Umgebung kann, es ist das großartigste Lernspiel auf diesem Planeten, es
ist das lehrreichste Bildungsabenteuer auf das man sich einlassen kann.

> UND es ist nicht meine Aufgabe als LEHRER an dem OpenSourceProjekt
> Skolelinux zu programmieren, sondern ich
> habe damit arbeiten zu können und es installieren zu können.

Was ist diese Arbeit? Unix ist eines der vielseitigsten und besten
(Meta)Werkzeuge, das es gibt.
> 
> >> Admins und Sysadmins unterschieden, ich sehe mich hier beispielsweise als
> >> Admin mit Sysadmin Zeugs "vollgelabert"  (bitte nicht negativ nehmen) von
> >> dem ich keine Ahnung habe und auch nicht haben will, man aber meint das

Ich habe keine Ahnung, was Du nicht wissen willst. Ich glaube aber das
geht vielen Schülern in der Schule auch so. Was sagt man einem Kind, das
Sport, Aritmetik und Poesie für überflüssig hält? Natürlich ist
Verweigerung und Apathie ein Ausweg, wenngleich die staatlichen
Bildungsanstalten diese Haltung dann gleich mit peinlichen Sanktionen
bestrafen. Ich wünschte ich hätte die gleiche Macht, Leute zu zwingen
Unix zu benutzen, die der Staat hat die Jugend in Anstalten einzusperren
und sie nach seinen Vorgaben zu bearbeiten.

> >Ich will zwar Autofahren aber wo das Gas ist will ich gar nicht wissen ?
> 
> Wenn du schon solche Vergleiche anstellst, dann richtig:
> Ich will Auto fahren, will auch wissen wo das Gas ist. ABER mich
> interessiert es nicht die Bohne, was im Motor passiert.
> Das Ding soll anspringen und laufen. UND ich will wissen wie ich es tanke,
> wie ich Scheibenwasser nachfülle und den Ölstand
> messe.

Unix ist kein Auto. Es hat keine Scheibenwischer. Es besteht aus Datenströmen, die von stdin gelesen und nach stdout geschrieben werden. Dies ist sein Prinzip, hier liegt der Schlüssel zum Verständnis und der Anfang der Ermächtigung des Nutzers zu tun, was ihm beliebt.
 
> 
> > Solcherlei aussagen nennen sich FUD !
> > http://en.wikipedia.org/wiki/FUD
> 
> Tja und damit wäre letzendlich nochmal eine Bestätigung da, das du entweder
> die mail nicht verstanden hast, oder sie gar nicht verstehen
> willst.
> Nochmal schnell hinterschießen .... und möglichst mit nem Fachausdruck (oder
> was auch immer das sein soll).
> Obwohl man dir zu Gute halten, kann, dass du wenigstens so nett warst einen
> link zur Erklärung mit anzugeben.
> Ich aber auf mich gestellt bin, diesen Text zu verstehen und nur denken
> kann: 'Du bist ja ein ganz Schlauer!'

Ich glaube nicht das es sich hier um FUD handelt. Missverständnis träfe
es eher. "Du bist ja ein ganz Schlauer!" ist genauso schlimm. Zwar ist
es die verständliche Notwehr von jemandem, der den Jargon nicht kennt,
aber wir befinden uns hier auf dem Niveau eines Pausenstreits. Einer
sagt etwas, das seine Bildung verrät, und die weniger belesenen
Mitschüler schreien "Streber". Wir müssen alle noch an unseren sozialen
und kooperativen Fähigkeiten arbeiten, bevor wir gemeinsam unsere Ziele
verwirklichen und dabei die beste Zeit unseres Lebens haben können.

> Aber das ist genau das, was ich (und wohl einige andere) hier NICHT
> erwarten.
> Wir sind hier die Anwender und Hilfesuchenden und da ist es absolut unter
> der Gürtellinie nur mit ein paar Fachausdrücken und links zu irgendwelchen
> Seiten über die ich mich dann weiterklicken kann anzukommen.
> Nicht zu vergessen, dass wir Lehrer sind und keine Linux-Profis. Ein
> Großteil ist das erste Mal mit Linux in Kontakt und skolelinux soll doch
> auch für diese sein.

Ich will gerne helfen, wo ich kann.

> Wahrscheinlich ist aber eh dieser Kommentar nach irgendwelchen Regeln nicht
> mailling-listen konform formuliert, und mir wird das gleich nochmal von
> irgendwelchen Gymnasiallehrern um die Ohren geschlagen.

Alles cum grano salis
David


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