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Erfahrungen mit Upgrade auf Wheezy



Hallo Leute,

eigentlich ist das ein wenig auch ein Rant, aber ich will euch meine Erfahrungen nicht vorenthalten. Wer jetzt mosert "Jetzt erst Wheezy? Jessie ist doch schon stable...", hat natürlich Recht, aber es hat Gründe, warum ich so lange mit dem Upgrade Squeeze -> Wheezy gewartet habe. Der schwerwiegendste Grund ist Gnome 3, das ich auf verschiedener Hardware versucht habe zu testen. Versucht deshalb, weil ich bisher keine Hardware gefunden habe (zu Hause), mit der Gnome 3 stabil und flüssig läuft. Ich habe aber offen gestanden keine Lust, nur einer DE wegen meine Hardware (Grafik) zu aktualisieren.

Gnome 3 soll nicht Bestandteil dieser Mail sein. Ich habe es für mich als unbrauchbar verworfen, denn - abgesehen von der Performance auf vorhandener Hardware -
überzeugt mich das Konzept der Bedienung nicht. Es mag auf Touch-bedienten Geräten vielleicht sinnvoll sein, aber nicht auf meinem Desktop.
Ich habe - unter Wheezy halt aus Backports - MATE installiert, das mir einen brauchbaren Ersatz für Gnome 2 liefert. Alternativen wie XFCE und LXDE sind mir nicht komfortabel genug oder bringen nervige Bugs mit, die ich vielleicht erst nach ziemlicher Bastelei hätte beheben können.

Eine testweises Upgrade auf einem anderen Rechner war ganz ok. Auch das Upgrade meines Servers brachte kaum Probleme mit sich, wenn man von fiesen Kleinigkeiten wie Umstellung auf NFS4 oder Wegfall des 686er Kernel absieht :-) (Der Geode läuft nun mit 486er Kernel, da er kein PAE kann).

Hier meine Hardware:

Processor        : 2x Intel(R) Core(TM)2 Duo CPU     E4600  @ 2.40GHz
Memory        : 2073MB (534MB used)
Operating System        : Debian GNU/Linux 7.8
Date/Time        : Sa 18 Jul 2015 18:24:02 CEST
Resolution        : 1920x1200 pixels
OpenGL Renderer        : Gallium 0.4 on AMD RV710
X11 Vendor        : The X.Org Foundation
Audio Adapter        : HDA-Intel - HDA VIA VT82xx
Audio Adapter        : HDA-Intel - HDA ATI HDMI
 HID 046a:0011
 Cypress Sem PS2/USB Browser Combo Mouse
-Printers (CUPS)-
1650EN_normal        : <i>Default</i>
1650EN_OpenOffice

Kernel        : Linux 3.2.0-4-686-pae (i686)
Compiled        : #1 SMP Debian 3.2.68-1+deb7u2
C Library        : Unknown
Default C Compiler        : Unknown
Distribution        : Debian GNU/Linux 7.8
Desktop Environment        : Unknown (Window Manager: Marco)
-Board-
Name        : P5VD2-MX
Vendor        : ASUSTeK Computer INC. (SEAGATE, www.seagate.com)


Das Upgrade erfolgte von Squeeze-LTS auf Wheezy und lief an sich relativ problemlos ab. Es gab einen Punkt in Sachen Abhängigkeit, die APT nicht von selbst auflösen konnte, doch die manuelle Installation des betreffenden Pakets löste das Problem.

Positiv:
- Unter Squeeze hatte ich Probleme beim Abspielen von Musik-CD ("Ruckeln"), egal mit welcher Software. Dieses Problem habe ich nun nicht mehr.
- Das Abspielen von manchen DVD bereitete ebenfalls Probleme, die nun offenbar ebenfalls obsolet sind.
- Unter Squeeze hatte ich im letzten Jahr das Problem, das der Rechner beim Beenden von rsyslog eine halbe Minute (oder deutlich länger) gewartet hat, das Herunterfahren dauerte ewig. Das Problem habe ich nicht mehr.
- Die Version von Liferea konnte manche RSS-Feeds nicht mehr abrufen (https), das klappt nun.
- Pidgin wurde zwischenzeitlich aus Sicherheitsgründen die Unterstützung für das AIM-Protokoll entzogen, was für mich in Bastelei ausgeartet ist. Jetzt funktioniert das wieder ootb. (Ich weiß, ich sollte besser auf ein anderes Protokoll wechseln, aber davon muss man zunächst seine Freunde überzeugen.)
- Es gibt eine neuere Version von Iceweasel (31, vorher 24-ESR verwendet).
- Dank KMS geht das Umschalten zwischen X und VTs rasend schnell (unter Squeeze ließ sich KMS bei mir nicht verwenden).

Negativ:
- Es gibt keine Migration der Einstellungen von Gnome 2 zu MATE. Okay, das kann man Debian nicht anlasten, zumal MATE in Wheezy offiziell nicht enthalten ist. Ärgerlich ist es trotzdem!
- Das Hauptmenü wurde verändert, aus "Wissenschaft" wurde offenbar "Bildung" (bemerkt an Stellarium). Wieso werden überhaupt immer mal wieder die deutschen Menüs (ich hab nicht geschaut, ob es auch die englischen betrifft) umbenannt? Das ist nicht schlimm, ich finde es nur nicht sinnvoll.
- Die Konfiguration der Tastatur (Kürzel zum Starten von Programmen) wurde nicht übernommen. Nun darf ich alles neu einrichten.
- Sound funktionierte zunächst gar nicht. PulseAudio hat einfach kein Gerät zum Abspielen gefunden und ich hab mit all den diversen Tools auch keine Möglichkeit gefunden, das zu ändern. PulseAudio mag vielleicht gut sein, intuitiv benutzbar ist es definitiv nicht! Es sollte bei so grundlegenden Funktionen eines PC nicht mehr notwendig sein, eine Dokumentation lesen zu müssen, damit die Sache funktioniert. Eine Deinstallation von PA löste das Problem - ALSA funktioniert ootb (mit derselben Einstellung in /etc/modprobe.d/sound.conf wie vorher, weil sonst der HDMI-Sound Default ist und ich nichts höre, da der Monitor keine Lautsprecher hat).
- Totem Player musste ich entsorgen, da er offenbar nur mit PA funktioniert. Video funktioniert, aber Audio hab ich nach dem Upgrade nicht mehr hin bekommen. Mit VLC klappt es.
- Für gToDo gibt es keinen Support mehr, schade (das liegt natürlich nicht an Debian). Eine einfache Portierung der Einträge als Aufgaben zu Iceowl habe ich bisher nicht gefunden.
- Iceowl ist nach wie vor rein englischsprachig, oder gibt es irgendwo eine deutsche Version? Wie sieht das in Jessie aus?
- Das Default-Design von LibreOffice ist, milde gesagt, grauenhaft, zumindest unter MATE. Ich fühle mich in Zeiten von Windows 95 versetzt. Muss das sein? Da sah OpenOffice in Squeeze besser aus...
- LibreOffice merkt sich keine Fenster-Position mehr. Bisher hatte ich OpenOffice so eingerichtet, das zwei Fenster nebeneinander auf den Desktop passen (vertikale Menüs). Zuerst gestartet/geöffnet wurde es links. Damit das "Formatvorlagen"-Fenster nicht über dem Dokument liegt, hatte ich es auf der jeweils anderen Seite des Desktop angeordnet. Nun wird LibreOffice grundsätzlich mittig geöffnet und das genannte Fenster liegt nach jedem Wechsel des Dokument-Fensters wieder über diesem, egal wohin ich es vorher verschoben hatte. Das ist Mist!
- Rhythmbox sieht sch... aus, das liegt halt an gtk3. Mal sehen, ob sich das verbessern lässt. Ärgerlicher ist, das es die alten Einstellungen (Verzeichnis und Automatik für Podcasts) nicht übernommen hat. Früher wurde es beim Schließen über das "X" automatisch in den Tray minimiert, dieses Verhalten hat es nicht mehr.
- Meine Digitalkamera Nikon S8200 wird noch immer nicht korrekt erkannt. Schließe ich sie per USB an, öffnet sich ein gThumb-Fenster zum Importieren, aber es kommt eine Fehlermeldung zum Auslesen des Verzeichnisses. Es geht ein neues Fenster auf, wieder dasselbe Spiel, wieder ein neues Fenster... Ein ähnlicher Effekt trat auch unter Squeeze auf. Ich behelfe mir seitdem, indem ich die Bilder von der Kamera direkt aus der SD-Karte über den Kartenleser im Rechner einlese.

Gravierende Probleme:
- Nach dem Booten in den GDM3 sind Maus und Tastatur tot, obwohl sie als USB-Geräte vom Kernel (dmesg) und auch vom X-Server erkannt werden. Ziehe ich z.B. das Kabel vom USB-Hub am Monitor (oder das der Geräte) ab und stecke es neu an, funktionieren beide wieder. Unter Squeeze gab es dieses Problem nicht (identische Hardware).
- Nach paar Tagen Nutzung fährt der Rechner aus MATE nicht mehr runter, sondern ruft wieder das Login-Menü des GDM3 auf. Aus diesem heraus kann ich dann den Rechner herunterfahren.
- Stellarium reißt den X-Server beim Aufruf mit ins Nirwana. Der Mauszeiger lässt sich weiterhin bewegen. Interessanter Effekt: Schalte ich auf eine VT um und wieder zurück, sehe ich als Hintergrund den Inhalt der VT und kann den Mauszeiger darüber bewegen. Weiter geht natürlich nichts mehr, ich muss den X-Server von der Konsole aus abwürgen.
- Die Oberfläche reagiert deutlich lahmer als unter Squeeze. Vertikales Scrollen in allen Anwendungen ist richtig langsam, Iceweasel reagiert noch lahmer (war schon unter Squeeze kein sehr flüssiges Scrollen). LibreOffice zieht "Schatten" beim Bewegen des Fensters und ist so langsam geworden, das es kaum benutzbar ist - damit meine ich vor allem das Eingeben von Text! Text per Cursor markieren wird zum Geduldspiel, während zum Beispiel Icedove flüssig reagiert.

Das Problem mit der Grafik zieht weitere Kreise. Ich habe damit experimentiert, weil ich schon unter Squeeze einige Schwierigkeiten hatte.
Während KMS unter Squeeze das System zum Einfrieren brachte, ist es jetzt zwingend notwendig. Deaktiviere ich es per /etc/modprobe.d/radeon-kms.conf mit
options radeon modeset=0
erscheint noch nicht mal der GDM3, dafür im Xorg.log eine Segmentation Fault Meldung.
Ich habe das Verhalten vor einigen Tagen auch mit und ohne AMD-Firmware untersucht, aber das muss ich erst überprüfen, weiß es jetzt nicht mehr aus dem Kopf. Auf jeden Fall lief es irgendwie, deutlich langsamer als jetzt, aber immerhin ließ sich Stellarium starten (im Vollbild ca. 6 Frames/s).

Der aktuelle Zustand ist inakzeptabel. Ich bin mir nicht sicher, ob er durch ein folgendes Upgrade auf Debian 8 gefixt wird oder ob es eher schlimmer wird :-/
Vielleicht habe ich einfach eine miese Kombination an Hardware im Einsatz, wofür Debian nichts kann, aber in Anbetracht dessen, das sich Debian "Das universelle Betriebssystem" nennt, bin ich schon ein wenig enttäuscht.
Ach ja: Natürlich habe ich beim Upgrade zunächst auf Gnome 3 aktualisieren lassen. Starten war sogar möglich, aber nur im Fallback-Modus und die Oberfläche entsprechend langsam. Selbst mit AMD-Firmware genügt die Grafik den Anforderungen von Gnome 3 nicht.


Meine Versuche sind noch nicht beendet, bisher habe ich Drucken und Scannen nicht getestet. Ich schiebe entsprechende Informationen nach.
-- 


Mit freundlichem Gruß
Jan Kappler

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