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Re: [OT] Sprachentwicklung



Gebhard Dettmar <gebhard.dettmar@student.hu-berlin.de> wrote:

> On Wednesday 05 April 2006 11:48, Frank Küster wrote:
>> Gebhard Dettmar <gebhard.dettmar@student.hu-berlin.de> wrote:
>> >> > [...]
>> > als Beispiel die Summe von lat. summa, ae, f - kein Mensch käme im
>> > Traum auf die Idee, hier das Genus zu ändern.
>>
>> Einspruch.  das Trottoir, das Portemonnaie (oder wie immer man das jetzt
>> schreibt), das Kommunique (?), und ich bin fast sicher, dass es bei
>> Fremd- und Lehnworten aus dem Französischen sogar Fälle gibt, wo
>> maskulin und feminin vertauscht sind.  Und bei Übernahmen aus dem
>> Englischen muss man ein grammatisches Geschlecht "erfinden".  Welches
>> Geschlecht hat denn "the firewall"?
>>
> Na das deutsche Pendant. Und das ist bei Firewall vallus (sag ich) oder 
> vallum (sagt Frank Evers, was, wie ich wiederum behaupte, egal ist, da 
> vallum auch als Kollektivum für vallus dient) 

Nun ist aber firewall über das englische zu uns gelangt, und dort gibt
es gar kein grammatikalisches Geschlecht, oder irre ich mich?

> Mit dem Französischen aber, insb. mit ...
>
>> Ach ja, die Nase, le nez, la nariz.
>>
> bringst du mich echt ins Schwitzen. Erst mal würde ich hier argumentieren, 
> dass die französischen Wörter im wesentlichen durch die Napoleonische 
> Besetzung ins Deutsche kamen (vgl. berlinerisch: die Bulette, wenn du 
> Frikadelle sagst, wissen die echt nicht, was du meinst)

Es heißt Fleischpflanzerl/Fleischküchle :-)

> das ging aus 
> etymologischer Sicht sozusagen quick and dirty (berlinerisch: direktemang 
> ;-). Bei der 'Nase' wollte ich aber schon das Handtuch werfen, als ein 
> Blick ins Wörterbuch zu meinem nicht geringen Entsetzen: nasus, i, m. die 
> Nase zu Tage förderte. Zum Glück hast du la nariz miterwähnt: 
> naris, is, f. - Nasenloch, Nase
> Uff, Gottseidank ;-)

Aha, ein Punkt für dich.

>> > Das Wort selbst kann also
>> > Erweiterungen/Umdeutungen, sei es auf dichterischen,
>> > wissenschaftlichen oder umgangssprachlichen Wegen, das spielt hier
>> > keine Rolle, unterliegen, doch das Genus wird immer Feminimum bleiben.
>>
>> Auch das bezweifle ich.  Das korrekte Geschlecht für Filter ist Neutrum,
>> aber Maskulin wird immer häufiger verwendet.  Nach meinem Eindruck
>> beginnt sich da auch ein Bedeutungsunterschied herauszubilden:  In der
>> Umgangssprache Maskulin (der Kraftstofffilter, der Polfilter für die
>> Kamera, der Kaffeefilter), in einzelnen Fachsprachen (Chemie, Optik,
>> Elektrotechnik) Neutrum
>
> filtrum, i, n. gibts erst im Mittellatein. Das läuft für meine Behauptung 
> außer Konkurrenz (Mittellatein ist kein Latein, s. Laurentius Valla & Co.)

Warum willst du immer aufs Lateinische raus?  Muss ich jetzt Lehnwörter
suchen, die keinen Lateinischen Ursprung haben?  Ziffer kommt laut
Wikipedia aus dem Arabischen, die Ziffer, le chiffre. Genauso: die
Aprikose, l'apricot (m), die Maske, le masque, das (Schach)Matt,  mat
(m).  Offenbar gilt eine Regel, dass man bei der Übernahme aus dem
Arabischen ein Geschlecht nehmen muss, das die Franzosen nicht genommen
haben, oder umgekehrt.  Andererseits würde es mich extrem wundern, wenn
alle diese Begriffe unabhängig voneinander zweimal in europäische
Sprachen übernommen worden wären.  Viel wahrscheinlicher ist, dass sie
zunächst in eine (i.d.R. am Mittelmeer gesprochene) Sprache übernommen
wurden und dann weiterwanderten.

>> Sprichst du denn "Faierwal"?  Ich spreche "Faierwål", und da ist gar
>> nichts "direkt gegeben", weil "the wall" kein grammatisches Geschlecht
>> hat.
> Wie gesagt: stell dir URL ausgesprochen vor - "die" Uniform Ressource 
> Locator - da sträubt man sich doch, oder?

Ich spreche URL Url, da sträubt sich gar nichts.  Denkst du "die BSE",
wenn du vom Rinderwahn sprichst (i.d.R. ohne Artikel, aber mit
Geschlecht, z.B. "...im Vergleich zum viel weiter verbreiteten BSE")?  

Gruß, Frank
-- 
Frank Küster
Single Molecule Spectroscopy, Protein Folding @ Inst. f. Biochemie, Univ. Zürich
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