[Date Prev][Date Next] [Thread Prev][Thread Next] [Date Index] [Thread Index]

OT: Deutsch in der IT (war: Re: Buchempfehlung für Debian)



On Monday 05 September 2005 22:53, Gerhard Wolfstieg wrote:
>  Von Gebhard Dettmar <gebhard.dettmar@student.hu-berlin.de>:
> > (merkwürdigerweise sind Altphilologen die einzigen, die über "Deutsch"
> >
> > keinen Unsinn reden) empfahl uns früher oft und gern, abends eine
> > halbe
>
> Entschuldigt, wenn ich nicht anders kann, als zu dem Punkt etwas zu
> schreiben. Das betrifft den Kern meines Seins. Echt! Im Fortgang des
> Zweigs lege ich mir Schreibverbot auf.
>
Warum? Wir hatten schon weit nutzlosere OT-Threads

> Erst vor Kurzem, durch das Lesen von Zuckmayers Autobiographie, habe ich
> begriffen, wozu die toten Sprachen gut sind:  nicht um Vokabeln zu
> lernen, die in den Nachfolgesprachen wieder erscheinen, das auch, auf

Das würde in puncto Effizienz auch jeder Beschreibung spotten. 
Nichtsdestotrotz hört man das Argument immer wieder.

> keinen Fall um gebildet zu sein, sondern um beispielhaft an einer
> ungenutzen, konservierten Sprache innere Logik an sich zu erfahren. Daß
> Altphilologen wissen, was die deutsche Sprache ist, verwundert deswegen
> nicht.
>   Unwidersprochen ist Englisch ideal für Pop(-musik) und "IT", Deutsch
> ist ohne Zweifel die ausdrucksstärkste Sprache, die es gibt. Wer dem
> Klang der Worte -- auch beim Lesen -- etwa in Hesses Märchen -- die lese
> ich zur Zeit wieder -- nachhört, dem kann sie auch die Schönste sein.

Das würde ich nicht so sagen: Englisch ist auch die Sprache Shakespeares 
oder Shelleys, und die die sind deshalb unsterblich, weil bei ihnen 
Schönheit und Ausdrucksstärke ein und dasselbe sind. Und Blaise Pascals 
Lettres Provinciales sind inhaltlich geradezu verheerend (er propagiert 
gegen die Jesuiten die ungemilderte Prädestinationslehre Augustins, 
letztlich, wie Aldous Huxley das treffend formuliert hat, die grenzenlose 
Bestrafung begrenzter Vergehen), sprachlich aber gehören sie zu den 
vollendetsten Meisterwerken der Literatur, und das funktioniert auch in 
z.B. deutscher Übersetzung - wenn der Übersetzer seine Muttersprache 
beherrscht. Deshalb redet man bei Schleiermachers Platon- oder Schlegels 
Shakespeare-Übersetzungen von kongenial und sie besitzen bis heute 
Gültigkeit. Es bestimmt einfach der Grad der Beherrschung die Schönheit 
des Ergebnisses - wie in jedem anderen Gebiet auch.

>   Wenn Deutsch nicht für "IT" taugt, kann das auch Anlaß zum Nachdenken
> geben. Nach meiner Meinung taugt es nur für eine bestimmte
> vorherrschende Art der Beschäfigung mit dem Gebiet nicht. Als ich in
> Quellcodes deutsche Bezeichner gebrauchte (und so ohne namespace keine
> Bennenungsprobleme hatte) und entsprechendes Anderes bei der Entwicklung
> von FilterplugIns gemacht hatte, kam es fast zur Schlägerei. In meinen
> eigenen Quellen fahre ich sehr gut durch das Denken in deutsch. Die
> Ergebnisse taugen halt von vornherein nicht für den (Massen-)Markt.
>

Ja, aber ist XML nicht genau deshalb extensible, weil du das ebenso gut 
auch mit namespaces tun könntest?
Das erinnert mich an Rothfuß, Ried, Content Management mit XML, Heidelberg 
2001. Ried bringt als Beispiel für Wohlgeformtheit mit beliebigen 
Attributen sowas wie
---schnipp---
<?xml version="1.0">
          .....
     <BOOK>
        <TITLE>XML und RDF</TITLE>
        < VERLAG ort="Heidelberg">Springer</VERLAG>
        <WASICHLIEBERLESE="Comics"> 
        <BOOK spannenderalsdieharaldschmidtshow="NEIN">
    </BOOK>
---schnapp---
:-)))
Generell geht es doch wohl um die Übersetzung von natürlichen in formale 
Sprachen, die man dem Compiler vorwerfen kann, und das ist eine 
Problemstellung, die mit Deutsch vs. Englisch nichts zu tun hat. 
Englisch ist ganz schlicht deshalb im IT-Bereich zu bevorzugen, weil es 
eben heute die lingua franca ist. Wenn ich Perl lernen will, mir ein 
deutsches Buch kaufe, es brav durcharbeite und dann zu programmieren 
anfange, stoße ich im Nullkommanichts auf irgendein Problem. Ich werfe 
Google an, dort sind die meisten Treffer auf Englisch --> wenn ich das 
nicht verstehe, bin ich einfach im Nachteil. Das ist dann schon ein 
ernstzunehmendes Handicap
Doch was Kraffts Beschwerde über Anglizismen in deutschen Übersetzungen 
auf der german-sucks-Seite angeht (also sowas wie namespaces): das kommt 
mir in etwa so vor, als würde sich ein Dirigent über die Verwendung des 
Begriffs 'Adagio' beschweren, weil es kein Deutsch ist. Einfach lächerlich 
- es gibt in jedem Bereich standardisierte Termini technici, die jeder mit 
der größten Selbstverständlichkeit verwendet und bei denen die sprachliche 
Herkunft eo ipso völlig irrelevant ist. 
>      Grüße, Gerhard
ebenso, Gebhard



Reply to: