[Date Prev][Date Next] [Thread Prev][Thread Next] [Date Index] [Thread Index]

Re: [debian-knoppix] Unfreie Pakete



On Mon, Jul 22, 2002 at 06:34:39PM +0200, Bernhard Reiter wrote:
> > Ich bin ein praktisch denkender Mensch. 
> Ich auch.

Aber anscheinend einer mit Prinzipien. ;-)

> > Ziel ist größtmöglicher Arbeitskomfort und Funktionalität ohne
> > Kompromisse in der Weitergabe oder Anwendbarkeit der Software.
> 
> Dafür wäre doch komplett Freie Software das beste, ansonsten machst
> Du ja Kompromisse bei der Weitergabe und Anwendbarkeit.

Nein, eben nicht. Es gibt doch durchaus auch Software ohne Source, bei
der der Autor die Weitergabe zu beliebigen Zwecken erlaubt.
Freeware, Public Domain, und wie sie alle heißen, wenn man mal NICHT von
Freier Software spricht.

> > Die Pakete auf der CD sind nicht alle frei, aber immerhin alle (sofern
> > mir kein Fehler unterlaufen ist) "freely distributable for commercial
> > and non-commercial use".
> 
> "freely" heisst ja umsonst, wie Dir bekannt ist und sagt wenig über

"Freely" wie in Freiheit, nicht Bier. ;-)
"Feel free to do what you want with this program."

"Nur" der Source ist nicht frei. Solche Programme gibt's halt auch.

> die Freiheit der damit verbundenen Software aus.

Freiheit in der Weitergabe ohne Einschränkung der Art
(kommerziell/nichtkommerziell) ist für mich als Kriterium ausreichend,
um als Programm auf der KNoppix prinzipiell in Frage zu kommen.
Präferenz liegt natürlich auf Freier Software, aber wenn es die
ausnahmsweise nicht in der gleichen Qualität gibt (meistens ist es ja
umgekehrt), muss halt auch mal ein Programm ohne verfügbaren Source drauf.

> Für mich bringen die Freiheit die Software anpassen, studieren,
> kopieren und (sogar gegen Geld) wieder veröffentlichen dürfen ein
> wichtiger praktischer Vorteil.

Ja, den Vorteil habe ich aber bei acroread als Beispiel LEIDER nicht.
Dennoch bin ich in vielen Punkten darauf angewiesen, solange noch keine
Freie Alternative existiert, die alle Features hat, die ich brauche.

Wie gesagt, ich denke mehr praktisch als philosophisch.

> Vielleicht sollte ich bei der Analyse der Pakete sagen,
> dass ich mich erstmal an die Einsortierung von Debian in non-free
> gesehen  habe. Die ist nicht immer perfekt, aber meist recht brauchbar.
> Ich kommentiere unten mal nur die, wo mir direkt etwas zu einfällt.

Kannst Du mir beispielsweise erklären, warum xv ("Pizza-Ware", wobei die
Registrierung völlig optional ist) gar nicht mehr in Debian drin ist?
Und bei einigen Paketen, bei denen der Autor offensichtlich in einem
Anfall von heiterkeit eine unsinnige Lizenz beigelegt hat ("Frei, aber
nur wenn die Sekretärin nicht blond ist"), und dennoch eine
uneingeschränkte Weiterverteilung inclusive Source wünscht, spricht für
mich auch nichts gegen eine Qualifizierung als "Free".

> > > Ich hoffe, dass dieser Missstand bald beseitigt werden kann.
> > Ich nicht, denn das würde den Funktionsumfang erheblich einschränken.
> 
> Eben wolltest Du noch keine Kompromisse bei der Anwendbarkeit und
> Weitergabe machen. Kurzfristig mögen solche Zugeständnisse
> angenehm sein, langfristig fördern sie die die proprietäre Welt.

Ich mache ja keine. Acroread 4 (!) und die Java-RE von Sun sind als
Binary uneingeschränkt verteilbar. Nicht Free, aber "freely
distributable".

> > > tgif   
> > 
> > Wo liegt das Problem bei tgif? Doch nicht etwa in gewissen
> > Trivialpatenten? 
> 
> Nein, ich meine dort hat es irgendwann eine Lizenzänderung gegeben,
> seitdem ist es Freie Software.

Achso. Na, dann ist es doch OK.

> > > 	Unnötig, da gv und xpdf existieren:
> > > acroread
> > 
> > Falsch. acroread ist der EINZIGE PDF-Viewer, der alle Features der
> > PDF-Spezifikation (insbesondere Formulare und interaktive PDF-Elemente)
> > unterstützt. Brauche ich für meine Präsentationen, und acroread ist,
> > wenn auch nur als Binary, freely distributable.
> > 
> > Zumindest in der Version 4. Die 5 hat Probleme in ganz anderen
> > Dimensionen, wie ich gehört habe...
> 
> Acroread aufzunehmen ist für mich kein Kompromiss mehr, 
> sondern eine andere Einstellung.

Wieso? Ghostscript ist doch auch drauf. Nur kann ich damit halt nicht
alles machen, was ich mit acroread machen kann (und umgekehrt natürlich
genauso). Also ist es ein Kompromiss. Es sind beide drauf. Was bei
Acroread 5 nicht mehr ginge.

> Solange es keine Freie Software gibt, um ein Format vernünftig
> anzusehen, wären meine Daten in diesem Format gefangen und ich würde
> meine Mitmenschen auch noch unter Druck setzten proprietäre Software
> einzusetzen, um sich das anzusehen.

Nein. Man kann die Präsentationen auch mit Ghostscript drucken. Man kann
eine Einbuße von Funktionalität in Kauf nehmen. Das will ich aber nicht,
zumal es im Fall von acroread nicht notwendig ist, solange es meine
Mindestanforderungen erfüllt.

> > > 	Patentproblematik, vorerst nicht lösbar:
> > > giflib-bin
> > > giflib3g
> > > gimp1.2-nonfree
> > 
> > Das Auslesen der Uhrzeit aus dem BIOS ist übrigens auch patentiert,
> > genauso wie Scrollbalken an Fenstern, und Hyperlinks auch.
> > -> alle Webbrowser und Windowmanager runterschmeissen...
> 
> Die Gefahr ist sicherlich eine andere bei gif, da Unisys Lizenzgebühren
> verlangt und das Patent nicht total leicht vor Gericht zerlegbar ist.

Das Problem ist eher, dass sich viele bereits durch eine Abmahnung
einschüchtern lassen und lieber die meines Erachtens illegalen
Lizenzgebühren zahlen, als vor Gericht für ihr Recht einzustehen.
Wenn die Firma Unisys von mir Lizenzgebühren verlangt, gehe ich vor
Gericht. Das bewirkt viel mehr, als einfach nur auf ein Standard-Format
zu verzichten.

Übrigens unterliegt das JPEG-Format seit einiger Zeit der gleichen
Problematik. Man kann doch nicht imme nur Zugeständnisse machen, und
sich mehr und mehr zurückdrängen lassen, oder? Ein bisschen Offensive
zeigen sollte drin sein. NOCH darf man in Deutschland legal Programme
schreiben und verteilen, die GIF und JPEG schreiben.

> > > 	Xine sollte das meiste abdecken:
> > > xanim
> > 
> > Freely distributable, die codecs sind in Binärform gelinkt, sollte
> > distributionstechnisch kein Problem darstellen.
> > 
> > xine ist auch nur solange Frei, bis man damit die häufigst genutzen
> > Formate abspielen möchte.
> 
> Das ist sehr unerfreulich.

Tja. Die Frage ist, wie sieht ein "Kompromiss" aus? Gar keine Videos
mehr abspielen können? Auf das Anschauen von DVDs oder Video-CDs
unter Linux ganz verzichten?

> > > 	Für Java sollten ausschliesslich die Alternativen, welche komplett
> > > 	Freie Software sind eingesetzt werden.
> > 
> > Sorry, die funktionieren alle nicht richtig und erfüllen nicht mal
> > ansatzweise die Stabilitätsanforderungen, die man an eine Java-Engine hat.
> 
> Deshalb ist Java auch zur Zeit für Freie Software nicht umbedingt
> eine gute Sprache.

Aber ich würde es gerne zumindest in der Lauffähigkeit unterstützen, zumal
es mit meiner "freely distributable" Policy noch vereinbar ist.
Die Java-Entwicklungsumgebung kann ich aus dem gleichen Grund NICHT auf
die CD tun, vielleicht "hilft" das bei der Entscheidung für oder wider
eine Freie Programmiersprache.

> > > 	Auf die folgende Funktionalität muss dann bis zur
> > > 	Entwicklung entsprechender Freier Software verzichtet werden:
> > 
> > Das wäre eine für mich nicht akzeptable Alternative. Mögen Philosophen
> > und Hardcore-Free-Software-Verfechter anders sehen, und vielleicht auch
> > recht haben, aber wie gesagt, ich bin ein praktisch denkender Mensch.
> > 
> > Solange ich die Software auf der CD legal verteilen darf, und die Empfänger
> > das auch legal dürfen, ist es für mich OK. Laut GPL darf auf dem
> > gleichen Medium durchaus Freie mit nicht-Freier Software zusammen
> > installiert sein.
> 
> Du kannst das selbstverständlich so machen.
> In meinem Beitrag wollte ich nur rückmelden,
> dass ich das für einen Nachteil von Knoppix halte.

Ich halte es für einen Nachteil, sich ZU "stur" an Free (vs. Open Source
vs. Public Domain vs ...) zu orientieren. Dadurch verbaut man sich
einiges. Im Moment läuft ja gerade die Diskussion, ob der Linux-Kernel
nun überhaupt GPL sein kann.

> > PS: Wenn die Softwarepatente demnächst auch in Deutschland auf OSS
> > durchgreifen, stelle ich das Projekt übrigens wirklich offiziell ein.
> 
> Hat sich das schon bei den Fans von Knoppix herumgesprochen?
> Mehr Hilfe im Widerstand gegen die Patentinflation wäre recht notwendig.

Ich glaube, das hilft nicht mehr. Auch DRM wird kommen, und unabschätzbaren
Schaden anrichten, und vermutlich die Softwareentwicklung um 20 Jahre
zurückwerfen. Und wahrscheinlich wird sich trotzdem niemand so richtig dafür
interessieren.

Bei Interesse kann ich gerne eine "Philosophieseite" zu dem Thema einrichten.

> > Dann ist nämlich die GPL völlig sinnlos geworden.
> 
> Juristisch gesehen ist das nicht korrekt, da die GPL zum grossen Teil 
> auf einer anderen juristischen Ebene fungiert als Patente.

Ja, aber da für patentierte Softwareteile Lizenzgebühren anfallen
können, ist es belanglos, ob der Quelltext offen ist oder nicht, da man
ihn nicht mehr kostenfrei verwenden DARF. Es ist dann nicht mehr so,
dass man an die Quelltexte nicht dran käme, sondern es wird schlichtweg
VERBOTEN, Software zu schreiben. Allein die Recherchekosten werden sich
kleine Projekte nicht leisten können.

Gruß
-Klaus
--
Klaus Knopper                  LinuxTag 2002 - Europes largest Linux Expo
Technical Solutions                                 Where .com meets .org
knopper@linuxtag.de                               http://www.linuxtag.de/
Phone +49-(0)180-5-546898                         Fax +49-(0)180-5-546893
_______________________________________________
debian-knoppix mailing list
debian-knoppix@linuxtag.org
http://mailman.linuxtag.org/mailman/listinfo/debian-knoppix


Reply to: