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Re: Geschlechtsneutrale deutsche Übersetzung



> Am Do, den 19.08.2004 schrieb Jutta Wrage um 0:34:
> > Am Mittwoch, 18.08.04 um 09:30 Uhr schrieb Michael Piefel:
> > > Aber natürlich. Das werden wir für Paketbetreuer dann machen,
> > > wenn nicht mehr die überwiegende Mehrzahl von Paketbetreuern
> > > männlich ist.
> >
> > Womit Du soeben bestätigt hast, daß die Verwendung der männlichen
> > Form offenbar zumindest doch eine Bedeutung hat.
>
> Nein, womit ich meiner Meinung Ausdruck gegeben habe, dass die
> Verwendung einer Form, die sich von der Grundform zum einen im Genus
> und zum anderen im Suffix „-in“, der unmissverständlich auf einen
> Bezug auf eine weibliche Person zielt, unterscheidet, eine Bedeutung
> hat.

Was du hier als »Grundform« bezeichnest, ist aber nunmal die männliche 
Form und ist im Prinzip genauso (wenig) neutral wie die »-in«-Form. 
Dass das nicht immer so empfunden wird, hat wie Jutta schon aufgezeigt 
hat, historische Gründe bzw. auch mit dem momentanen Verhältnissen zu 
tun. 

Es wäre schon viel geholfen, wenn die weibliche Form *zulässig* wäre. 
Z.B. beim DDTP aus der guide-txt.de 
(http://de.gwendoline.at/wiki/AnleitungDebianDescriptions) den Satz:
»
- Es gibt nur "Nutzer" kein neudeutsches NutzerInnen, weil man 
schließlich auch *außen* (z.B. mit einem Laptop) gut arbeiten kann.
«
durch folgendes auszutauschen:
»
- Sowohl die weibliche als auch die männliche Form ist in Übersetzungen 
gültig. Zum Beispiel:
!Description: Gtk client for linesrv
! xlc is a Gtk client for linesrv. It let a user to start or stop an
! internet connection on a masquerader server...

Gültige Übersetzungen wären:
!Description-de: Gtk-Client für linesrv
! xlc ist ein Gtk-Client für linesrc. Es erlaubt dem Benutzer, eine
! Internetverbindung auf einem Maskade-Server zu starten oder stoppen...
oder 
!Description-de: Gtk-Client für linesrv
! xlc ist ein Gtk-Client für linesrc. Es erlaubt der Benutzerin, eine
! Internetverbindung auf einem Maskade-Server zu starten oder stoppen...
«

Dann könnte man zumindest beim DDTP es dem Übersetzer oder der 
Übersetzerin überlassen, wie übersetzt wird. In anderen Fällen kann man 
oft kreativ verfahren. So hätte ich obigen Satz aus dem Stehgreif 
heraus so geschrieben:
Dann könnte man zumindest beim DDTP es dem Übersetzer überlassen, wie er 
übersetzen will.
Kurz nachgedacht, und dann habe ich es umformuliert ;-)




> > Übersetzungen müssen grundsätzlich nicht wortwörtlich sein, zumal
> > eine wortwörtliche Übersetzung eben auch meist ein etwas - sagen
> > wir mal - merkwürdiges Deutsch ergibt.
>
> Hier geht es eigentlich doch überhaupt nicht um Übersetzungen. Diese
> Diskussion bezieht sich genauso auch auf komplett neue deutsche
> Texte.
>
> > Mal von dem Paketbetreuer oder dem Nutzer und ein anderes mal von
> > der Paketbetreuerin oder der Nutzerin zu reden, macht zudem einen
> > Text flüssiger.
>
> Das kommt darauf an, was „mal“ bedeutet. Wechsel pro Satz oder Absatz
> oder auch Abschnitt dienen m. E. nur der Verwirrung.
>
> > In dem von Helen (?) genannten Beispiel kam in einem Absatz
> > 13 Mal hintereinander "he" (er) vor. Das liest sich so oder so
> > ziemlich schlecht, weil es ein schlechter Stil ist.
>
> Und inwiefern ist das hier relevant? Schlechter Stil ist schlechter
> Stil, das wird doch auch nicht besser, wenn da 13 Mal „she“ steht und
> auch nicht dann, wenn’s im Wechsel ist.
>
> > Wo ich das Ansprechen beider Geschlechter gleichzeitig betonen
> > will, benutze ich dann meist lieber Formulierungen wie "die
> > Betreuerin oder der Betreuer", weil sich das m. E. flüssiger liest.
>
> Das ist auf alle Fälle besser als Schrägstriche oder Binnen-I. Länger
> ist es trotzdem, und man muss aufpassen, wenn man Texte hat, in denen
> viele Gruppen angesprochen werden. In „Betreuer, Übersetzer und
> Nutzer“ müsste man etwa einen anderen Weg wählen.
>
> > [...] weil wir eben noch immer in einer männlich betonten
> > Gesellschaft leben und unsere Sprache zum großen Teil aus einer
> > Zeit stammt, in der Frauen üblicherweise überhaupt keine Rechte
> > hatten.
>
> Ich bezweifle allerdings, dass die Sprache ein so wichtiger Teil
> davon ist.

Sprache ist nunmal ein Spiegelbild unserer Gesellschaft, deshalb gibt es 
auch Begriffe wie herrschen, das »man« und halt dass die männliche Form 
eines Wortes (z.B. der Debian-Betreuer) als Normalform angesehen 
werden. Weibliche Pendants zu diesen Begriffen fallen wir nicht ein. 
Das einzige was mir auffällt ist, dass Begriffe wie Lehrerinnen oder 
Sekretärin leicht von der Zunge gehen...


> In einer vollkommen unrepräsentativen Umfrage in meinen 
> Bekanntenkreis haben sich alle Frauen dahingehend geäußert, dass
> ihnen das völlig wurscht ist und sie lieber immer „der Bürger“ lesen
> als „der Bürger oder die Bürgerin“ oder gar „BürgerInnen“. Was ich
> mir vielmehr wünschen würde wären Formulare, in denen ich als Vater
> nicht erst rumstreichen muss, wenn ich Elternteilzeit beantrage, und
> Formulare, in denen nicht jede Frau nach ihrem Mädchennamen gefragt
> wird, während die Männer unbelästigt bleiben bzw. ggf. ihren
> „Jungennamen“ selbst nachtragen.

Ich auch ;-)

Grüße,
Jens



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