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Re: Zukunft von SysV-Init?



On Samstag, 21. Mai 2016 08:20:47 CEST Sebastian Suchanek wrote:
> Hallo Liste,

Hallo Sebastian,

> Soweit aber erstmal kein Problem, man kann Jessie schließlich auch z.B.
> mit SysVinit installieren und betreiben. Wenn allerdings systemd das
> neune Standard-Initsystem ist, frage ich mich, wie lange andere
> Initsysteme noch brauchbar unterstützt werden. Denn wenn ich bei
> späteren Upgrade z.B. auf Debian 9 oder 10 de facto um systemd nicht
> mehr herumkäme, fände ich es unterm Strich sinnvoller, lieber gleich in
> den saueren Apfel zu beißen als später in einem produktiv laufenden
> System fehlerträchtig hin und her zu basteln.
> 
> Lange Rede, kurzer Sinn: Mag jemand eine Prognose abgeben, wie es in
> Debian mit der langfristigen Unterstützung alternativer Initsysteme
> aussieht?

Einige Gedanken dazu:

1) Je mehr SysVInit nutzen und Fehler berichten, desto eher sind die Debian-
Entwickler motiviert, es weiterhin zu benutzen.

2) Auf einer meiner Server-VMs habe ich tatsächlich weiterhin SysVInit im 
Einsatz. Bislang absolut keine Probleme und dann eben auch nicht das 
bescheuerte Emergency-Boot-Verhalten bei Problemen, Dateisystemen ohne 
"nofail" zu mounten ¹ ², oder das Dekonfigurieren des Netzwerkes, bevor SSH-
Prozesse gestoppt sind, was SSH-Verbindungen clientseitig einfach in der Luft 
hängen lässt. Vielleicht packe ich es auch auf meine Backup-VM noch drauf. Auf 
dem Desktop nutze ich derzeit systemd, da ich da nicht Rumbasteln möchte, wenn 
etwas mit dem Desktop nicht funktioniert. Da gibt es einfach mehr 
Abhängigkeiten, auch wenn Plasma / KDE Frameworks an sich noch ohne systemd-
logind lauffähig sein sollte.

3) Es gibt den Debian-Fork Devuan und soweit ich das mitbekomme, ist das 
mittlerweile für Jessie zumindest für den Server-Fall gut nutzbar. Die 
Maintainer dort arbeiten auch für typische Desktop-DBus-Schnittstellen die 
logind an Ersatz für systemd. Ebenso in Bezug auf udev. Soweit ich das 
verstanden habe, nutzen die so eine Art Overlay-Technik. Ihr Repo enthält 
einige Reihe angepasster Pakete und der Rest kommt aus den Debian-Repos. Wäre 
interessant, mal zu prüfen, inwiefern sich das nicht offiziell integrieren 
lässt. Das ist dann allerdings kein Thema für diese Mailingliste, die haben 
eine eigene Mailingliste (auf der ich auch… wieder… eingetragen bin).

4) Es gibt Debian GNU/Hurd und da läuft kein systemd drauf. Ich denke, das 
ändert sich auch nicht so schnell. Denn Systemd-Upstream hat da *absolut* kein 
Interesse dran. Natürlich könnten die Debian-Entwickler sagen: Auf Linux nur 
Systemd, auf Hurd SysVInit (gibt es erst seit kurzem dort)… aber so richtig 
viel Mehraufwand macht das glaube ich nicht, SysVInit zumindest für den 
Server-Fall auch auf Linux lauffähig zu halten, wenn es für andere Kernel 
gebraucht wird.

5) Es gibt Debian GNU/kFreeBSD und da läuft auch kein systemd drauf. Siehe 4.

6) Es gibt einen Haufen anderer Init-Systeme, von denen zumindest einige in 
Debian paketiert sind. So z.B. OpenRC, das auf SysVInit aufbaut.


Und noch eine Frage:

Wo siehst Du das Problem damit, erst mit Debian 9 auf systemd umzusteigen, 
falls es da für Deinen Anwendungsfall nicht anders geht? Ich sehe da keine 
Nachteile. Eher umgekehrt: systemd dürfte in Debian 9 besser funktionieren als 
in Debian 8, wo die Integration ja doch so ein wenig auf den letzten Drücker 
kam – auch wenn ich denke, dass die Systemd für Debian-Maintainer technisch 
hervorragende Arbeit geleistet haben. Und systemd hat dann 3 oder mehr Jahre 
Test und Fehlerberichte in Debian schon überstanden und es gab viel 
Gelegenheit Probleme zu beheben. Was natürlich keine Garantie ist, dass die 
Systemd für Debian-Maintainer alle Fehlerberichte zur Zufriedenheit des 
Berichterstatters bearbeiten.

Ich würde das also ganz entspannt sehen, zumindest für den Server-Fall: Hast 
kein Bock auf systemd? Dann nimm halt SysVInit.


[1] does not start ssh service if a filesystem in /etc/fstab cannot be mounted 
[NEEDINFO]
(nein, das ist kein Witz, und soweit ich auf der Debconf 2015 mitbekam, ist 
Debian ebenso betroffen)
https://bugzilla.redhat.com/show_bug.cgi?id=1213778

[2] Bug 1213778 - drops into emergency mode without any error message if it 
cannot find a filesystem in /etc/fstab 
https://bugzilla.redhat.com/show_bug.cgi?id=1213781

Ciao,
-- 
Martin


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