Re: Squeeze und Gnome-Benutzer... das Leben ist schön!
Patrick Burkard wrote:
>> Also, haut mal in die Tasten und berichtet kritisch und umfassend
>> über eure Wheezy-Pläne.
>
> ich selbst bin auf meinen privaten Kisten ziemlich kurz nach dem
> Freeze von Wheezy umgestiegen.
Bei mir läuft privat der Desktop auf wöchentlich aktualisiertem
testing/wheezy. Entsprechend hatte ich das Umstell-Erlebnis schon vor
gut einem Jahr. Etwa ein halbes Jahr lang habe ich versucht mich daran
zu gewöhnen, beziehungsweise es an meine Bedürfnisse anzupassen. Dann
habe ich Gnome3 zu Gunsten von XFCE in die Tonne getreten. Gründe:
* Schon der Einstieg war eigentlich ein Schlag ins Gesicht. Beim
ersten Aufruf von Gnome nach dem Update gab es keinerlei Versuch
Aspeke der vorhandenen Gnome2-Konfigutration nach Gnome3 zu migieren.
Es ist schon ernüchternd, wenn man plötzlich vor einem sterilen
Desktop im Default-Zustand sitzt.
Erzähl' mir keiner, dass eine Migration völlig unmöglich gewesen wäre.
Selbst eher symbolische Gesten wie die Übernahme des vorherigen
Background Bilds unteblieben.
* Zweiter Schlag ins Gesicht: Gnome-Panel wurde nicht nur im Default-
Desktop nicht gestartet. Der
* Dritter Schlag ins Gesicht: Die schwarze Panel-ähnliche Leiste oben
am Bildschirm ist mit GUI-Mitteln in keiner Weise konfigurierbar. Man
kann sie noch nicht einmal als Ganzes loswerden. Selbst für kleinste
Änderungen, wie etwa das Weglassen des eigenen Login-Namens oben links
muss man sich durch XML-Dateien wühlen, oder ist darauf angewiesen,
dass jemand eine genau passende "Extension" geschrieben hat.
* Vierter Schlag ins Gesicht: Um an simple Anpassungen wie etwa
Schriftgröße heranzukommen, muss man eine getrennte Anwendung "Gnome-
Tweak-Tool" installieren. Diese an MS-Windows-Tweaks erinnernde
Anwendung ist deutlich erkennbar nicht auf dem Schönheits- und
Benutzbarkeitsstand des sonstigen Gnome-UIs.
* Fünfter Schlag ins Gesicht: Parallel zum an das unheilige Microsoft
regedit erinernde, gconf-editor für einzelne Einstellungen gibt es ein
dconf-editor. Dieser arbeitet nach demselben fragwürdigen UI-Pronzip.
Dabei ist keinerlei Regel erkennbar, welche Einstellungen sich im
einen, oder im anderen befinden. Das neue dconf-editor ist/war was
Features angeht eine unvollendete Baustelle. Zum Beispiel wirkte die
Suchfunktion nur auf das, was man ohnehin gerade im Fenster sieht.
Das Labyrinth der Einstellungsschlüssel muss man aber durchstöbern,
wenn man so simple Sachen erreichen will, wie den Start eines
Terminals mit einer bestimmten Tastenkombination.
* Sechster Schlag ins Gesicht: Die Auslagerung nahezu der gesamten
Anpassung an individuelle Nutzerbedürfnisse an externe Autoren in Form
von Extensions. Das mg im Einzelfall zu brauchbaren Lösungen führen.
In der Gesamtsicht ist es eine Verschlechterung. Extensions sind
teilweise untereinander inkompatibel. Und man ist als Endnutzer auf
die Hartnäckigkeit der jeweiligen Entwickler angewiesen. Jede neue
Gnome3-Version birgt das Risiko, dass wesentliche Teile des aus
Extensions zusammengebastelten Desktops nicht mehr funktionieren.
* Siebter Schlag ins Gesicht: Die runderneuerte Verwaltung von
multiplen Desktops ignorierte die Tatsache, dass es einen zweiten
Monitor gibt. Das heißt, ich konnte den zweiten Monitor zwar nutzen.
Eine Umschaltung auf einen anderen Desktop wirkte aber nur auf den
linken Monitor. Der rechte blieb wie er war.
An dieser Stelle bin ich dann zu XFCE konvertiert. Ja, es ist nicht
ganz zu butterweich und stylisch umgesetzt. Ja, ein paar der neuen
Funktionen habe ich den Monaten, in denen ich Gnome3 nutzte lieb
gewonnen und hätte ich sie mitgenommen. Dennoch war es für mich
rückblickend der richtige Schritt. Bei XFCE ist in der Version 4.2 in
mancher Hinsicht der Gnome2-Stil besser umgesetzt als es bei Gnome je
der Fall war. Anders als bei Gnome2 und erst recht bei Gnome3 git es
keine spürare Tendenz, mich als User in bestimmte Einstllungen zu
zwängen.
Den Schritt von Debian, XFCE als Default-Desktop bei der Installation
zu nehmen, halte ich für eine sehr gute Entschaidung.
> Mit dem aktuellen Wheezy Status funktionieren übrigens auch die
> Extensions von https://extensions.gnome.org/ und mit diesen lässt
> sich vieles von Gnome3 so verändern, wie es für den eigenen Workflow
> am Besten ist.
Irgendwann kommt der Tag, an dem Gnome der Extensions-Autor sein Kind
nicht mehr an die jeweils nächste Gnome-Version anpasst. Und wenn es
nur deswegen ist, weil das Real-Leben andere Aufgaben für ihn bereit
hält. Dann fehlt das entsprechende Feature im mühevoll aus Extensions
zusammengesuchten Lieblingsdesktop...
> Als Fazit würde ich empfehlen zuerst eigene Tests zu machen und erst
> nach den Tests zu entscheiden ob Gnome3 untragbar ist.
Für mich ist vor allem die Missachtung der Entwickler gegenüber
erfahrenen Usern untragbar. Das wird überall zwischen den Zeilen der
Veränderungen sichtbar. Den Entwicklern ist vermutlich nicht klar,
dass Leute wie ich als Multiplikatoren in der einen, oder anderen
Richtung wirken. Im kleinen wirke ich als Linux-Berater für Umsteiger
von Windows unter meinen Freunden. Und im Großen hätte es für eine
Umstellung von Debian auf XFCE zu Zeiten von Gnome2 einen ganz anderen
Gegebnwind gegeben.
> Letztlich
> könnte es so sein, dass Gnome3 ein ausgesprochen flexibler Desktop
> wird, je mehr Entwickler Zeit in weitere Extensions bzw. deren
> Verbesserung investieren.
Das halte ich für sehr unwahrscheinlich. Der aktuelle, absichlich
herbei geführte Zustand zeichnet sich gerade durch das Gegenteil aus.
---<)kaiamrtin(>---
--
Kai-Martin Knaak
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