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Re: [OT] Sprachentwicklung



On Wednesday 05 April 2006 13:04, Frank Evers wrote:
> Am Mittwoch, 5. April 2006 11:21 schrieb Gebhard Dettmar:
> > On Tuesday 04 April 2006 16:23, Frank Evers wrote:
> > > lateinischen Ursprung, nämlich vallum, -i (neutrum !!). Gemeint
> > > war damit zunächst eine aus senkrecht in den Boden geschlagenen
> > > Pfählen (lat. vallus, -i, m), also einer Pallisade, errichtete
> > > Verteidigungsanlage.
> >
> > Das ist doch keine unterschiedliche Wortbedeutung - vallum ist ein
> > Kollektivum für vallus, i.e. Schutzwehr. Ein vallus ist ein
> > Schutzwall, der konkret aus Pallisaden besteht, ein Schutzwall kann
> > aber auch aus Erde und div. anderem bestehen -->  daher das Neutrum
> > von vallum, da Neutrum ja immer für Kollektivismen verwendet wird.
> > Die Semantik bleibt in beiden Fällen aber gleich.
>
> Du hast denke ich unrecht. Vallus ist in erster Linie ein (einzelner)
> Pfahl, auch wenn das Wort metaphorisch in der Bedeutung von
> Pfahlreihe verwendet wurde (dann aber in der Mehrzahl iirc). Vallum
> dagegen bezeichnet die Palisadenbestandene Schutzwehr, die
> ursprünglich (und auch später nicht zwingend) Graben und Wall
> beinhaltete. Wall und wall leiten sich nicht von unterschiedlichen
> Bedeutungen des Wortes vallum ab, wohl aber in unterschiedlicher
> Weise wie zuvor beschrieben.
>
Das steht halt so in meinem Langenscheidt: 
vallum, i, n (coll. zu vallus) 
[coll.=Kollektivum, und diese Funktion hat das Neutrum ja oft, GD]
Dito vallus, i, m. = Pfahl, Pallisade(n), Barrikaden. 
Wenn das Plural erforderte, wäre es vermerkt, außerdem machen die Lateiner 
das permanent (Concretum pro abstracto, Pars pro toto, Metonymie, 
Synekdoche, kollektiver Singular - das ist eine Wissenschaft für sich und 
das kann beim Übersetzen ganz schön nerven)
Stowasser schreibt bei vallum in Klammern vallus dahinter, bei vallus: 
Pfahl, ..., kollekt. Schanzpfähle, Verschanzung, Wall
Das müsste man jetzt natürlich noch an einer höheren Instanz verifizieren, 
also Georges oder Oxford Latin Dictionary, bzw. durch Phi (elektr. 
Datenbank des Thesaurus Linguae Latinae) jagen und gucken, wie oft vallus 
und vallum den Wall bezeichnen. Bis jetzt spricht IMHO alles für Gerhard, 
ich kann aber natürlich auch nicht ausschließen, dass du recht hast. 

> > > > Es gibt immer wieder Gegensätze zwischen
> > > > denen gibt, die kreativ mit der Sprache umgehen und sorgsam wie
> > > > den größten Schatz pflegen und Anderen. Dabei ziehen
> > > > Schriftsteller und Dichter wie Karl Kraus in der Regel den
> > > > Kürzeren.
>
> das war nicht von mir ;)
>
Ich weiß. Mir gefiel nur nicht so richtig, wie Gerhard sein Maskulinum 
verteidigte. Und ich finde auch solche Unterscheidungen wie innere/äußere 
Sprachlogik weder einleuchtend noch überhaupt relevant in dieser Frage. 
Wenn die Rechtschreibreform sagt, dass kurze Vokale mit ss, lange mit ß 
geschrieben werden, ist das dann äußere oder innere Logik? Wenn äußere, 
würde ich gern mal ein Beispiel für innere sehen - Sprache hat sich in der 
Orthographie schon immer v.a. am Klang und der wiederum an der Abfolge von 
Konsonanten oder Vokalen (Prosodie im lat.) orientiert, innere Logik 
müsste meinem Verständnis nach wenn überhaupt für etwas, dann Grammatik = 
Syntax stehen.
Hier aber sind wir bei der Wortkunde, die man vielleicht als eine Art 
Bindeglied zwischen Ortographie und Syntax ansehen kann - nur hat das, 
i.e. Gerhards Vorwurf der Missachtung der inneren Logik von Sprache, IMHO 
a) nichts mit dem Thema zu tun. - und ist b) als Vorwurf an die 
Rechtschreibreform absurd

> > Das hat in dieser Frage aber nichts zu sagen. Ob wissenschaftlich,
> > umgangssprchlich oder dichterisch - bei Wortübernahmen aus toten
> > Sprachen wird das Genus des Ursprungs immer beibehalten. Nehmen wir
> > als Beispiel die Summe von lat. summa, ae, f - kein Mensch käme im
> > Traum auf die Idee, hier das Genus zu ändern.
>
> Für Wall gilt dies offenbar nicht, der ist abgeleitet von vallum, -i,n
> nicht von vallus,-i, m   ;)
>
s.o.
> > Also kann man bei Firewall streiten, ob Neutrum oder Maskulinum zu
> > wählen ist (Neutrum könnte man mit Kollektivum für HW und
> > SW-Firewalls rechtfertigen),
>
> Firewall ist nicht aus dem toten Lateinischen, sondern aus dem sehr
> lebendigen Englischen abgeleitet (so man es denn wie die

das wiederum aus dem in dieser Beziehung auch nicht sooo toten Latein ... 
;-)
> Duden-Redaktion als deutsches (Lehn-)Wort betrachtet). Das Geschlecht
> (nämlich neutrum) wurde offenbar nicht übernommen, denn wir
> unterhalten uns ja über der oder die Firewall. Gerhard möchte dazu
> den Feuerwall anstrengen, und muss dazu bis zu einer gemeinsamen
> Herkunft einer Wortkomponente ausholen, ich dagegen nehme mir einfach
> ein englisches Wörterbuch und finde dort als direkte, sinngemäße und
> wörtliche (fire = der Brand, wall = die Mauer) Übersetzung die
> Brandmauer.

S. Antwort an Matthias

> Meinewegen kann Gerhard auf Etruskische verweisen oder die Geister von
> Goethe, Schiller und Kleist persönlich herzitieren. Wall und wall als
> Bedeutungsgleich hinstellen zu wollen ist Blödsinn.

ROFL (Etruskische) Da man davon ja nur ein paar Inschriften hat, von denen 
man nicht weiß, was sie heißen, hier ein Übersetzungsvorschlag von Aldous 
Huxley in 'Parallelen der Liebe' (man weiß nur, dass Fufluns der Gott des 
Weins war, also der etruskische Bacchus): 
Mr. Cardan (schwärmt von der Fülle der Konsonanten im Etruskischen): "Sie 
hatten wahres linguistisches Genie diese Kerle. Wenn 'fufluns flucuthukh' 
den 'ziz' - man kann sich die Oden zum Lobe des Weines vorstellen, die so 
begannen. Im Englischen ließen sich nicht acht so süffige Silben finden"
Mr. Chelifer (holt ihn wieder runter): "Wenn 'fufluns flucuthukh' den 
'ziz'" könnte die Übersetzung sein von >Wenn Bacchus den Weißwein in Soda 
ertränkt<. Wir wissen es nicht."
>
> > Bei Wall ist die
> > Abstammung aber so direkt gegeben, dass man am Maskulinum IMHO
> > nicht vorbeikommt. Dass das ein Kampf gegen Windmühlen ist, sehe
> > ich im Großen und Ganzen auch so, deswegen ist es aber nicht
> > falsch.
>
> Wie gesagt, Wall leitet sich ab von vallum, nicht von vallus. Auch ist
> Wall ein aus dem Lateinischen entlehntes deutsches Wort, nicht ein
> lateinisches Fremdwort wie Genus.
>
Eben das ist sozusagen meine Kernthese: dass das keinen Unterschied macht 
(s. Summe) und in beiden Fällen das lat. Original maßgeblich ist.

> > > s.o. Der gemeinsame Ursprung erklärt in diesem Fall geradezu
> > > warum engl.wall nicht mit dem deutschen Wall zu übersetzen ist.
> >
> > Das glaube ich nicht. IMHO sind vallum und vallus semantisch nicht
> > verschieden, das Neutrum erklärt sich, s.o. aus der
> > Kollektivierung. Gruß gebhard
>
> Dann sind wir da unterschiedlicher Auffassung ;)

Warts ab. Ich guck morgen in den Georges ;-)
Gruß Gebhard

-- 
Q:	What's tan and black and looks great on a lawyer?
A:	A doberman.



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