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Re: Geschlechtsneutrale deutsche Übersetzung oder nicht?



Am Do, den 19.08.2004 schrieb Jutta Wrage um 0:34:
> Am Mittwoch, 18.08.04 um 09:30 Uhr schrieb Michael Piefel:
> > Aber natürlich. Das werden wir für Paketbetreuer dann machen, wenn 
> > nicht mehr die überwiegende Mehrzahl von Paketbetreuern männlich ist.
> Womit Du soeben bestätigt hast, daß die Verwendung der männlichen Form 
> offenbar zumindest doch eine Bedeutung hat.

Nein, womit ich meiner Meinung Ausdruck gegeben habe, dass die
Verwendung einer Form, die sich von der Grundform zum einen im Genus und
zum anderen im Suffix „-in“, der unmissverständlich auf einen Bezug auf
eine weibliche Person zielt, unterscheidet, eine Bedeutung hat.

> Übersetzungen müssen grundsätzlich nicht wortwörtlich sein, zumal eine 
> wortwörtliche Übersetzung eben auch meist ein etwas - sagen wir mal - 
> merkwürdiges Deutsch ergibt.

Hier geht es eigentlich doch überhaupt nicht um Übersetzungen. Diese
Diskussion bezieht sich genauso auch auf komplett neue deutsche Texte.

> Mal von dem Paketbetreuer oder dem Nutzer und ein anderes mal von der 
> Paketbetreuerin oder der Nutzerin zu reden, macht zudem einen Text 
> flüssiger.

Das kommt darauf an, was „mal“ bedeutet. Wechsel pro Satz oder Absatz
oder auch Abschnitt dienen m. E. nur der Verwirrung.

> In dem von Helen (?) genannten Beispiel kam in einem Absatz 
> 13 Mal hintereinander "he" (er) vor. Das liest sich so oder so ziemlich 
> schlecht, weil es ein schlechter Stil ist.

Und inwiefern ist das hier relevant? Schlechter Stil ist schlechter
Stil, das wird doch auch nicht besser, wenn da 13 Mal „she“ steht und
auch nicht dann, wenn’s im Wechsel ist.

> Wo ich das Ansprechen beider Geschlechter gleichzeitig betonen will,
> benutze ich dann meist lieber Formulierungen wie "die Betreuerin oder
> der Betreuer", weil sich das m. E. flüssiger liest.

Das ist auf alle Fälle besser als Schrägstriche oder Binnen-I. Länger
ist es trotzdem, und man muss aufpassen, wenn man Texte hat, in denen
viele Gruppen angesprochen werden. In „Betreuer, Übersetzer und Nutzer“
müsste man etwa einen anderen Weg wählen. 

> [...] weil wir eben noch immer in einer männlich betonten 
> Gesellschaft leben und unsere Sprache zum großen Teil aus einer Zeit 
> stammt, in der Frauen üblicherweise überhaupt keine Rechte hatten.

Ich bezweifle allerdings, dass die Sprache ein so wichtiger Teil davon
ist. In einer vollkommen unrepräsentativen Umfrage in meinen
Bekanntenkreis haben sich alle Frauen dahingehend geäußert, dass ihnen
das völlig wurscht ist und sie lieber immer „der Bürger“ lesen als „der
Bürger oder die Bürgerin“ oder gar „BürgerInnen“. Was ich mir vielmehr
wünschen würde wären Formulare, in denen ich als Vater nicht erst
rumstreichen muss, wenn ich Elternteilzeit beantrage, und Formulare, in
denen nicht jede Frau nach ihrem Mädchennamen gefragt wird, während die
Männer unbelästigt bleiben bzw. ggf. ihren „Jungennamen“ selbst
nachtragen.

Ach, warum haben wir schon wieder eine so grundsätzliche Diskussion? Ich
werde mich mal wieder meinem Python zuwenden.

Ciao,
    Micha 


-- 
|=| Michael Piefel
|=| Member of the Debian project



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