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Erfahrungen mit Installation von Debian 8



Moin Leute,

meine ewige Fehlersuche nach einem Upgrade auf Wheezy hat mich dazu
gebracht, neue Hardware anzuschaffen:

- Gigabyte GA-F2A88X-D3H mit AMD APU A10-7800 (4x 3,9 GHz) inklusive R7
Grafik
- 2x 4 GB DDR3 HyperX Savage HX321C11SRK2/8 (2133 MHz CL11)
- Kingston SKC300S SSD SATA 60 GB (die hatte ich schon zuvor gekauft,
aber bisher nicht benutzt)

An sich bin ich zufrieden, die Kiste ist schön leise, auch wenn der
originale Lüfter von AMD nicht ganz optimal ist, was die Lautstärke
betrifft.
Debian 8 habe ich nun komplett neu auf der SSD installiert, erstmals als
64-Bit-Version. Meine Erfahrungen sind durchwachsen, ich will sie mit
euch teilen.

1. Positive Erfahrungen

Die Einstellungen vom alten Rechner aus LibreOffice 3 wurden von Version
4 anstandslos übernommen und im neuen Verzeichnis abgespeichert.
Die Einstellungen und E-Mails hat Icedove problemlos übernommen.
Iceowl erscheint nun auf Deutsch.
Liferea hat die RSS-Feeds übernommen, die Einstellungen leider nur
teilweise.
Gnome-disks sieht zwar Scheiße aus (GTK+ 3), bietet nun aber Optionen
zur besseren Handhabung von Laufwerken – auch von LVM.
Geeqie erzeugt eine neue Version seiner Konfigurationsdatei. Nach dem
Austauschen gegen die alte Datei werden alle Einstellungen übernommen
und die Datei in neuer Version wieder gespeichert – super!
Die extremen Verzögerungen beim Hantieren mit den Favoriten in Iceweasel
gibt es nicht mehr.
Von Transmission Bittorrent gibt es auch eine Variante mit QT, was die
Abhängigkeit von Gnome (3) verringert.
Die Bibliothek libgphoto2 unterstützt nun meine Digitalkamera Nikon
Coolpix S8200. Das Einlesen der Bilder klappt mit gThumb ebenso wie mit
Gtkam, wobei letzteres etwas instabiler ist.

2. Negative Erfahrungen

MATE-Desktop:
Die Konfiguration des Desktops ist nicht wirklich konsistent, wobei
unklar ist, wonach sie sich richtet – nach den Dateien von Gnome, von
MATE oder von freedesktop.org. Die Einordnung von Stellarium ist nach
wie vor falsch – in „Bildung“.
Die alten Menüleisten werden nicht übernommen.
Die Tastatur muss neu konfiguriert werden.
Der Sound funktioniert nicht. (Nach Installation von PulseAudio klappt
die Wiedergabe generell zunächst mal.)
System/Einstellungen/Klang („Audio-Einstellungen“) / Hardware: Profil
„Analog Stereo Duplex“ - Lautsprechertest bleibt stumm.
Mozilla-Erweiterung DownThemAll: keine Soundwiedergabe mehr nach
Download-Ende (ist aber aktiviert).
MATE merkt sich nicht alle geöffneten Programme beim Abmelden, obwohl
diese Option ausgewählt ist (funktioniert mit Liferea nicht).
Im MATE System-Monitor gibt es unter Laufwerken nur die Möglichkeit,
entweder alle (dann mit irrsinnig vielen virtuellen) oder nur die
lokalen anzeigen zu lassen – dann werden NFS-Laufwerke nicht mit
angezeigt. Das war früher besser gelöst!
Alacarte lässt keine Änderungen am Menü mehr zu. Schaltet man die
Anzeige eines Eintrages aus und wechselt zum nächsten Eintrag, erscheint
er nachher wieder als eingeschaltet.
ImageMagick erzeugt zwei Einträge im Menü, doch keiner von beiden
funktioniert. Öffnet man ein Bild per Kontextmenü in ImageMagick, geht
es. Offenbar soll keine der beiden Varianten im Menü erscheinen.
Mit gThumb ist kein Drehen von TIFF-Bildern möglich, das Programm stürzt
sofort ab. Die Ansicht ist Murks, weil keines der Vorschaubilder eine
Bezeichnung hat – das lässt sich auch nirgendwo einstellen. Die
einschaltbare Anzeige von Informationen über das jeweilige Bild ist
ungünstig gestaltet, weil lange Einträge (wie lange Dateinamen)
abgeschnitten werden. Das Design dieses Programms ist – wahrscheinlich
Dank GTK+ 3 – schlichtweg Müll!
Der Effekt der falsch ausgewählten Absender-Adresse beim Antworten auf
E-Mails in Icedove besteht weiterhin.

Rhythmbox:
Nach meiner Erfahrung scheint das Programm schlechter statt besser zu
werden. Mängel werden seit Jahren nicht abgestellt. Okay, ich hab sie
bisher nicht mitgeteilt, vielleicht sind solche Sachen anderen Anwendern
egal.
Die Einstellungen werden – wie schon beim Upgrade auf Wheezy – nicht
übernommen und es wird sofort mit dem Download von neuen Podcasts
begonnen, die natürlich im falschen Verzeichnis landen. Blöd ist das
deshalb, weil auch nach dem Verschieben der Dateien in das gewünschte
Verzeichnis und Änderung der Einstellung von Rhythmbox die bereits
geladenen Dateien nicht mehr gefunden werden.
Rhythmbox spielt zunächst keine OPUS-Dateien ab. Als Status wird
„Fehlgeschlagen“ statt „Heruntergeladen“ angezeigt, obwohl die Datei
tatsächlich auf der Festplatte gelandet ist. Es wird lediglich die
Meldung angezeigt (in der Auflistung unter dem „Lautsprecher“-Symbol mit
Bezeichnung „Momentan wiedergegeben“), das ein Plug-in für GStreamer
fehlt, aber nicht welches (gstreamer1.0-plugins-bad (1.4.4-2.1+b1) habe
ich auf gut Glück installiert, dann funktioniert das Abspielen).
Die Einstellung der Breite der Spalten der Titelliste wird sich nicht
gemerkt. Die Spalte „Datum“ ist immer zu schmal.
Man kann nicht auswählen, welche Spalten in der Titelliste angezeigt
werden sollen - „Feed“ ist meines Erachtens sinnlos, wenn man den
entsprechenden Podcast sowieso manuell aus der Liste der Podcasts
auswählt (okay, man kann auch alle Podcasts gemischt auflisten lassen,
dann ist die Anzeige der Spalte sinnvoll).
Die Anzeige eines Cover-Bildes wurde von der linken Spalte (war früher
am unteren Ende angeordnet) in die Bedienung verschoben, was völliger
Mist ist: Das Bild wird noch kleiner und der Platz für den
Fortschritts-Balken entspricht vielleicht 1/5 der Breite des
Programm-Fensters (Breite geschätzt knapp 1000 Pixel). Ein „Vorspulen“
ist damit nur sehr ungenau möglich. Ich nehme an, dieser Pfusch ist GTK+
3 zu verdanken. Soll das Fortschritt sein?

Liferea:
Das Design ist mieser (GTK+ 3), die Anzeige der gezählten neuen Beiträge
hinter jedem Abo ist schlechter erkennbar und nimmt mehr Platz weg
(Spalte wird breiter). Liferea merkt sich nicht die Einstellung der
Aufteilung des Fensters (Schlagzeilen-Liste ist nur eine Zeile oder so
hoch).
Nach wie vor gibt es keine Möglichkeit, aus Liferea heraus eine Seite im
externen Browser in dem Fenster zu öffnen, das gerade im Fokus ist (das
hat vor Wheezy funktioniert). Damit kann man entweder nur ins normale
Fenster von Iceweasel oder in ein Fenster im privaten Modus öffnen. Das
lässt sich auch nicht selektiv einstellen.

LibreOffice:
Es zeigt bei den Dateien den Schieber (und die Prozent-Anzeige) für die
Ansicht des Dokuments mal vollständig, mal rechts abgeschnitten an.
Dieses Problem gibt es seit Wheezy und ich habe keine Ahnung, womit das
zusammen hängt.
Im Kontextmenü zeigt es nicht an, wenn 1,5-zeilig eingestellt ist und
erzeugt eine neue Zeile in einer Aufzählung (mit Aufzählungszeichen) nur
mit 1-zeiligem Abstand. Witzig: Die Rechtschreibprüfung kennt nicht
„Aufzählungszeichen“, obwohl der Begriff im Programm selbst verwendet wird.

weitere:
Es gibt kein gTodo mehr (wie zu erwarten bereits seit Wheezy).
Es gibt kein gFTP mehr.

3. Stolperfallen

Eagle ist nicht mehr im Repository non-free enthalten. (Anmerkung: Es
gibt keine 64-Bit-Version in Debian)
Das Rockbox-Utility, in /home installiert, ließ sich nicht starten – die
Datei wurde nicht gefunden. Irgendwann ist mir eingefallen, das es am
neuen 64-Bit-System liegen könnte. Tatsächlich gibt es eine für
64-Bit-Linux kompilierte Version, die sich starten lässt.
Gramps portiert die alten Daten in sein neues Format. Vorbildlich ist,
das es nachfragt und darauf hinweist, das man die Daten nach der
Konvertierung nicht mehr mit einer älteren Version öffnen kann (das war
in Wheezy auch der Fall), aber mit den zahlreichen Nachfragen (weil
nicht nur die Datenbank, sondern auch anderer Kram aktualisiert wird)
dürften die meisten Nutzer schlicht überfordert sein.
Nachdem Alacarte offenbar unter MATE nicht korrekt funktioniert, habe
ich das Programm MenuLibre gefunden, das auch mit dem neuen GTK+ 3
gebaut wurde und entsprechend gewöhnungsbedürftig aussieht, aber nicht
von Gnome 3 abhängt. Es bietet deutlich mehr Möglichkeiten als Alacarte,
hat aber einen Nachteil, wie ich finde: Man sieht nicht sofort bei jedem
Eintrag, ob er aktiviert ist oder nicht. Dennoch scheint es eine gute
Alternative zu sein.
Seit einem Update von Enigmail meldet Icedove bereits seit Wheezy, das
die verwendete Version von GnuPG zu alt sei und nicht mehr lange durch
Enigmail unterstützt wird. Daran ändert auch das Upgrade auf Jessie
nichts – man muss die Version 1.x manuell durch GnuPG V2 ersetzen. Ich
finde es merkwürdig, das hier keine Abhängigkeit – zumindest als
Empfehlung – gesetzt worden ist, denn ich habe Enigmail ja aus dem
offiziellen Repository von Debian installiert.


Soweit zu den auffälligen Dingen, es kommen immer mal welche hinzu. Ich
muss erwähnen, das ich natürlich nach der Installation selektiv die
entsprechenden Verzeichnisse/Dateien aus der Sicherung ins /home kopiert
habe, bevor ich die Programme neu gestartet habe (bzw. nach einem ersten
Start und Vergleich der Inhalte) - falls jemand bezüglich Rhythmbox und
Liferea fragen will.
Ansonsten bin ich bisher mit Debian 8 ganz zufrieden, finde aber, das
sich die Maintainer künftig wieder mehr Zeit nehmen sollten. Wie schon
bei Wheezy gibt es auch bei Jessie Macken, die mitunter nicht mehr
trivial sind. Ich verstehe nicht, warum sich das Debian-Projekt
bezüglich der Veröffentlichung so unter Druck setzt - früher hieß es: Es
ist fertig, wenn es fertig ist!

Nichtsdestotrotz möchte ich mich hiermit bei allen Maintainern und
sonstigen Beteiligten des Debian-Projektes ganz herzlich bedanken! Sie
leisten - trotz aller Kritik - hervorragende Arbeit und ich bin froh,
das es Debian gibt und das sich das Projekt derartig für Freie Software
engagiert. Danke!

-- 


Mit freundlichem Gruß
Jan Kappler


Attachment: signature.asc
Description: OpenPGP digital signature


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