Re: Xscreensaver zeigt Porno Bilder
On Wednesday 01 March 2006 08:57, Andreas Kroschel wrote:
> * Gebhard Dettmar:
> > Pornographie = frauendegradierend = sexistisch - qualitativ vermag ich
> > da keinen Unterschied zu Rassismus oder Antisemitismus zu sehen - was
> > spielt es für eine Rolle, ob ich einen Menschen auf Grund seiner
> > Geschlechts- Rassen- oder Religionszugehörigkeit ablehne? Das ist
> > alles das gleiche in grün
>
> Daß Du diesen Kurzschluß ziehst, macht ihn weder richtig noch
> richtungsweisend für eine Distribution.
>
Kurzschluss? Ich hab mal gelesen, das wär so ;-)
> > Ergo: ein größerer Unterschied zu Freiheit - ob die des Sourcecodes
> > oder, ein par Nummern größer, die Universalität der Menchenrechte -
> > ist für mich kaum vorstellbar, und darum hat IMHO dieser Müll in
> > Debian nichts zu suchen
>
> Es gibt diese Bilder im Web. Der Screensaver zeigt zufällige Bilder aus
> dem Web an. Punkt. Was Du willst, ist Zensur, und wenn Du die auf Deinem
> System durchsetzen willst, richte Dir einen contentfilternden Proxy ein.
Nein, hier geht es nicht um Zensur. Ich sage ja nicht, freie Software darf
keinen pppdaemon enthalten, sonst könnten ihn die User nutzen, um auf
pornographischen = menschenverachtenden Content zuzugreifen.
Ich habe (nicht theoretisch, eher praktisch) etwas gegen Pornographie,
deswegen aber noch lange!!! kein Problem damit, wenn jemand über die
Mittel, die ihm freie Software zur Verfügung stellt, auf solchen Content
zugreift, solange das seine _individuelle_ Entscheidung ist und er dazu
seinen Browser anschmeißen, URLs/Suchwörter bei Google etc eingeben -
kurz, von sich aus aktiv werden muss. Ich rauche schließlich auch, obwohl
das anerkanntermaßen ungesund ist. Ich erkenne aber an, dass das andere
belästigen/beeinträchtigen kann, ergo: ich verlange grundsätzlich das
Recht, rauchen zu können, mit der ausdrücklichen Einschränkung, dass
Leute, die damit nichts zu tun haben wollen, damit nicht in Berührung
kommen. Dito freie SW und Content, der nicht umsonst (s.u.) nicht ganz
unumstritten ist: wer will, der kann, wer nicht will, der muss nicht - das
heißt für mich Freiheit, und dazu muss ein Screensaver solchen Content
umgehen und sich nicht mit Hinweis auf die Doku rausreden - eine
Screensaver-Doku ist nun mal keine bash-manpage. Mit der bash arbeite ich,
mit dem screensaver nicht.
> Es von der Distribution zu verlangen ist albern, auch wenn Du versuchst,
> mittels der Universalität der Menchenrechte den Zensurbegriff als nicht
> freiheitseinschränkend umzudefinieren.
>
Das sagst du, weil du meine Prämisse - Pornographie = menschenverachtend -
nicht teilst. Theoretisch hast du natürlich vollkommen recht - a priori
ist die Gleichsetzung Unsinn. Aber was man so aus der Praxis mitkriegt,
selbst wenn man sich mit der Thematik nicht explizit beschäftigt ... na,
ich weiss nicht ... Ich hab mal nach einem User Agent gegooglet, wegen
robot suspect, da stieß ich auf dieses Blog
http://www.improvisation.ws/mb/tpcs1.php (die URL war ne andre, aber egal)
eine Studentin jobbt in einem Videoladen mit großer Porno-Abteilung -
absolut witzig geschrieben, aber lies mal, was sie unten auf der Seite zu
einem gewissen Rocco schreibt (da diskutiert sie, ob Porno women-degrading
sei - Zensurproblematik: "I was willing to defend to my death (or at least
to my jailing) the right to produce porn", doch was das "degrading" angeht:
---schnipp---
Rocco's Animal Trainer series, I'm told, traditionally ends with Rocco
fucking a woman up the ass while he shoves her head into a toilet and
flushes.
---schnapp---
Dieser Typ ist aber ein bekannter Mainstream-Star, der es u.a. zu einem
Wikipedia-Eintrag gebracht hat --> das ist kein abseitiges Extrembeispiel,
das ist handelsüblicher Hardcore, "considered by many to have broken new
grounds in hardcore pornography" [Wikipedia]. Alle dort weiter
aufgeführten Beispiele für diese "new grounds" gehen auf Kosten ein und
desselben Geschlechts - so naiv kann man doch nicht sein, das noch für
Zufall zu halten. Wer nun zumindest die Tendenz konzediert, der kommt an
der Frage nach dem Zusammenhang von Menschenrechten, Menschenwürde und
Freiheit nicht mehr vorbei - damit sind wir endlich (ächz ;-)) bei der
aktuellen Frage, nämlich was Software, die einen bestimmten
Freiheitsbegriff postuliert, darf oder nicht darf - nicht im Sinne von
Zensur/Verbot (die Unantastbarkeit der Menschenwürde hat ja auf jeden Fall
einen permissiven Zug - ist das schon Zensur?), sondern von innerer
Konsistenz einer Haltung, die man nach außen vertritt.
Gruß Gebhard
--
Try to relax and enjoy the crisis.
-- Ashleigh Brilliant
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