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Re: an erster Stelle



Hallo Wolfgang,

Am Montag 01 September 2003 20:19 schrieb Wolfgang Jeltsch:
> Hallo,
>
> im Gesellschaftsvertrag steht:
>     Wir orientieren uns an den Bedürfnissen unserer Anwender und der
>     Gemeinschaft für Freie Software. Ihre Interessen stehen an erster
> Stelle. Unter http://www.debian.de/devel/join/nm-step3 liest man dann:
>     Vom Bewerber wird erwartet, dass er der Debian-Philosophie zustimmt,
> die im Gesellschaftsvertrag und den Debian-Richtlinien für freie Software
> (DFSG) beschrieben ist.
> und etwas weiter unten:
>     Anmerkung: Der Ausdruck "wird erwartet, dass er der Debian-Philosophie
>     zustimmt" bezieht sich nur auf die Arbeit, die der Bewerber für Debian
>     leisten wird. Diese Prinzipien und Richtlinien sind ausdrücklich für
> das Debian-Projekt aufgestellt worden.
>
> Ich interessiere mich dafür, bei Debian als Paketbetreuer einzusteigen und
> würde nun gerne wissen, wie diese Zitate genau zu verstehen sind.

Ich verstehe diese Zitate so, dass man als "Bewerber" im Rahmen seiner 
Tätigkeit für Debian die Bedürfnisse der Anwender und der Gemeinschaft für 
freie Software priorisieren muss/soll. Mit anderen Worten: "im Rahmen seiner 
Tätigkeit für Debian" bedeutet, dass du, wenn du garade nicht am .debs Bauen 
arbeitest, so ziemlich alles tun und lassen kannst, weil es Debian insoweit 
egal ist.

Sprich: Packe kein Paket, das den Ansprüchen der Anwender und der Gemeinschaft 
für freien Software nicht gerecht wird. 

>
> Der konkrete Punkt ist, dass es Sachen gibt, die für mich grundsätzlich
> höchste Priorität haben, egal, ob ich gerade für das Debian-Projekt arbeite
> oder irgendetwas anderes tue. Zu nennen wäre da vor allem die höchste
> Priorität, die der Gott der Bibel und sein Sohn Jesus Christus in meinem
> Leben haben sollen.

Ich glaube kaum, dass Debian auch nur annähernd eine derart persönliche und 
wichtige Rolle im Leben eines "Bewerbers" einnehmen will/kann. Der Vertrag 
bezieht sich auf die Tätigkeit, nicht auf dein gesamtes, persönliches Leben! 
(Und wäre auch rechtlich unwirksam, wenn man dir das Recht auf 
Persönlichkeitsentfaltung entzöge *IANAL*)

Ich glaube auch kaum, dass man seiner Frau/Freundin* so leicht etwas erklären 
kann wie: "Du, Schatz, entschuldige bitte, aber ich bin laut 
Debian-Gesellschaftsvertrag dazu verpflichtet, meine positiven Gefühle dir 
gegenüber etwas zu limitieren, weil der Vertrag vorsieht, dass ich meine 
ganze Hingabe den Interessen der Gesellschaft der freien Software widmen 
muss." - Und die Nacht auf dem Sofa ist dir sicher!

*) Die für viele ja auch mehr bedeutet, als "irgendein Kaudawelch von Nullen 
und Einsen".

>
> Strenggenommen stehen damit die Interessen der Anwender und der
> Gemeinschaft für Freie Software für mich auch im Rahmen meiner zukünftigen
> Mitarbeit bei Debian nicht an erster Stelle, sondern dort steht nach wie
> vor Gott. Auf der anderen Seite bin ich willig, meine Arbeit am
> Debian-Projekt umgehend aufzugeben, falls meine christliche Einstellung das
> Debian-Projekt in irgendeiner Art und Weise beeinträchtigen sollte. Von der
> praktischen Seite sollte es daher keine negativen Konsequenzen haben,  dass
> ich die Anwender usw. nicht an erste Stelle setze.

Klar. Du kannst natürlich -egal aus welchen Gründen- deine Arbeit für Debian 
jederzeit an den Nagel hängen. Wie wird es in der Presse so oft geschrieben: 
"Debian, eine Distribution, die nur von freiwilligen Entwicklern gepflegt 
wird." Betonung auf "freiwilligen".

>
> Meine Frage ist nun, ob für die Aufnahme bei Debian die Höchstpriorisierung
> der Anwenderbedürfnisse u.dgl. maßgeblich ist, oder ob einfach nur sicher
> gestellt werden soll, dass das praktische Tun des Mitglieds dem Ziel von
> Debian dient.
>
> Vielleicht empfinden einige diese Überlegungen als übertrieben, jedoch
> hoffe ich im Anbetracht des philosophischen Interesses der
> Free-Software-Community auf Verständnis. ;-)

Das mag übertrieben klingen, aber man kann die Sache auch weniger 
"tiefgründig" betrachten: Was ist, wenn jemand als Entwickler proprietärer 
Software für eine Firma arbeitet und in der Freizeit am Debian-Projekt 
mitarbeiten will? 
Nun, nach den von dir genannten Zitaten sollte auch das IMO kein Problem sein, 
denn diese "Priorisierung" gilt ja nur während deiner Arbeit für Debian, 
nicht in deinem sonstigen Leben.

>
> Viele Grüße
> Wolfgang

Sebastian.

PS: Debian ist nicht Sciencetology!!

-- 
"Value your freedom, or you will lose it, teaches history" -- R.M.S.



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