Re: [Debian]:SW-Patents: BMWi-Konferenz: So koennen Sie helfen
Alexander Wiedeck <alexander.wiedeck@ku-eichstaett.de> writes:
> > Bei GNU und der GPL und der Übergabe an die FSF gehen *alle* Rechte an
> > die FSF über,
>
> Das stimmt so nicht.
> [...]
> Activities other than copying, distribution and modification are not
> covered by this License; they are outside its scope. [...]
Ich meine ja auch die Tatsache, dass die FSF Autoren auffordert (wenn
auch nicht allzu nachdrücklich und sehr höflich), Software, die zum
GNU-Projekt gehören soll, an die FSF komplett zu übergeben, zwecks
rechtlicher Absicherung, so dass die FSF in Rechtsstreitigkeiten
leichter eingreifen kann.
Und bei diesem Vorgang würde nach amerikanischem Recht das "Copyright"
an die FSF übergehen und damit hätten sie *alle* Rechte an der
Software, die man nach amerikanischem Recht haben kann, da das
amerikanische Recht IIRC keinen Urheber und mit diesem Status
verbundene Rechte kennt.
Und genau dieser Vorgang wäre in Deutschland/Europa nicht möglich, da
es hier ein Urheberrecht gibt, welches zumindest in Deutschland sogar
Verfassungsrang hat und zu den unveräußerlichen Grundrechten gehört.
> > Hier unterscheiden sich USA und Deutschland schon sehr, da Amerika nur
> > ein "Copyright", Deutschland/Europa hingegen ein "Urheberrecht" kennt.
>
> Der Urheber wird jedoch in jedem Fall durch die GPL gesch"utzt und bleibt
> selbiger; wie auch immer das in den einzelnen L"andern aussehen mag.
> Sollte das nicht seinen Vorstellungen entsprechen, verm"oge er Punkt acht
> der GPL Einschr"ankungen treffen.
Ich meinte ja nicht die GPL an sich. Ich meinte die von der FSF
vorgesehene und vorgeschlagene Übertragung von Software an die
FSF. Die GPL an sich ist nur ein Lizenzvertrag und überträgt somit
erstmal keine Rechte, sondern räumt Nutzungsrechte ein. Sorry, hatte
ich wohl einfach sehr schlecht formuliert - ich hoffe, jetzt ist
klarer, was ich meinte.
> Um jedoch wieder direkt zur Patentierung zur"uckzukehren: Zwar lassen sich
> keine Patente auf bereits vorhandene Dinge eintragen, s"amtliche
> GPL-Ver"offentlichungen sind demnach nicht betroffen bzw. bedroht, jedoch
> bedrohen Patente vor allem offene und freie Gedanken und Entwicklungen.
> *Dar"uber* sollte man sich 'mal Gedanken machen.
Nun, Patente sind ja an sich nichts neues. Und in vielen Branchen
funktioniert das mit den Patenten auch wunderbar. In der
Software-Branche gibt es halt eine recht ungewöhnliche Besonderheit:
Die freie Software. Da hier kein Geld verdient wird, ist auch kaum
Geld für Lizenzrechte an Patenten vorhanden.
Da aber in der Praxis freie Software oft gesponsort wird, z.B. von den
Distributoren, die ja heute schon viele der guten Programmierer
angestellt haben, ist letztlich auch genug Geld für Lizenzen da. Und
da Patente nicht die Offenlegung von Sourcecode verlangen, schließlich
ist das Patent ja selbst auch wieder offen und frei einsehbar, sind
Patente letztlich nur ein eher geringes Problem und kann gerade auch
kleinen Firmen durchaus Vorteile bringen.
Damit will ich nicht sagen, dass ich Patente toll finde. Ganz im
Gegenteil. Mich würde schon interessieren, wie die Welt so ganz ohne
Patente aussehen würde. Aber letztlich ist die Patentierung nur eine
konsequente Folgerung aus dem Urheberrecht, nämlich eine
organisatorisch/juristische besser handhabbare Absicherung der
Nutzungsrechte an einer Idee.
Wer also Patente strikt ablehnt, muss letztlich auch gegen den Schutz
des geistigen Eigentums sein. Und wer Patente allgemein befürwortet,
muss sich schon fragen lassen, warum die Software-Branche hier nun
eine so bedeutende Ausnahme darstellt.
Man kann bei der Patentierung ja durchaus im Einzelnen Regelungen
einführen, die den Besonderheiten der Softwarebranche entgegenkommt -
aber prinzipiell halte ich Patentierung von Software und damit
Algorithmen nicht für zwangsläufig problematisch.
Ganz im Gegenteil: Durch die Unmöglichkeit der Patentierung werden
heute so viele Ideen und viel Software geheim gehalten, da sie jeder,
der sie kennt, auch (kommerziell) nutzen könnte. Mittels Patentierung
werden diese Ideen zwangsläufig bekannt und andere können darauf
aufbauen.
Diesen Aspekt sollte man vielleicht nicht ganz unter den Tisch fallen
lassen.
--
Until the next mail...,
Stefan.
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