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Re: [Debian]:SW-Patents: BMWi-Konferenz: So koennen Sie helfen



On 10 May 2000, Stefan Nobis wrote:

>...
> Nun, Patente sind ja an sich nichts neues. Und in vielen Branchen
> funktioniert das mit den Patenten auch wunderbar. In der
> Software-Branche gibt es halt eine recht ungewöhnliche Besonderheit:
> Die freie Software. Da hier kein Geld verdient wird, ist auch kaum
> Geld für Lizenzrechte an Patenten vorhanden.
> 
> Da aber in der Praxis freie Software oft gesponsort wird, z.B. von den
> Distributoren, die ja heute schon viele der guten Programmierer
> angestellt haben, ist letztlich auch genug Geld für Lizenzen da. Und

"Da aber in der Praxis freie Software oft gesponsort wird" hoert sich so
an als ob alle Programmierer von freier Software dafuer Geld bekommen
koennten. Das gilt aber nur fuer <<1% aller Programme, und zwar genau fuer
diese Programme an denen kommerzielle Distributionen Interesse haben. Und
es gibt fuer solche Dinge auch nicht beliebig viel Geld.

> da Patente nicht die Offenlegung von Sourcecode verlangen, schließlich
> ist das Patent ja selbst auch wieder offen und frei einsehbar, sind

??? Was soll das heissen?

> Patente letztlich nur ein eher geringes Problem und kann gerade auch
> kleinen Firmen durchaus Vorteile bringen.

Eine kleine Firma oder ein Hobby-Programmierer schreibt ein Programm.
Mit Patenten gibt es die folgenden Probleme:

Du musst dich erkundigen ob IRGENDEIN Algoithmus den du verwendet hast
(den du dir vielleicht selber ausgedacht hast) patentiert ist.

Wenn man den Source Code offen legt vergroessert man das Risiko dass
jemand entdeckt dass man (unabsichtlich) patentierte Algorithmen benutzt
und dafuer Lizenzgebuehren nachzahlen muss (und wenn du dir anschaust was
derzeit an Abmahnungswellen im Markenbereich passiert kannst du dir sicher
sein dass so etwas pasieren wird).

Patente kosten Geld (Gebuehren und man braucht Fachleute im Patentrecht).
Eine kleine Firma oder ein einzelner kann sich das nicht unbedingt
leisten. Sehr viele Patente werden von grossen Firmen (z.B. IBM; in
Deutschland waere/ist es sicher Siemens) gehalten die  dafuer grosse
Abteilungen unterhalten.

Proprietaere Software zur Erhaltung von Monopolen kann besser verteidigt
werden: Z.B. waere Samba wohl unmoeglich gewesen wenn Microsoft Patente
halten und diese Rechte geltend machen wuerde auf Algorithmen die bei
der Kommunikation zwischen Windows-Servern und Clients verwendet werden.
Damit koennte man nicht mehr Windows-Clients mit einem Linux-Server
verwenden.

> Damit will ich nicht sagen, dass ich Patente toll finde. Ganz im
> Gegenteil. Mich würde schon interessieren, wie die Welt so ganz ohne
> Patente aussehen würde. Aber letztlich ist die Patentierung nur eine
> konsequente Folgerung aus dem Urheberrecht, nämlich eine
> organisatorisch/juristische besser handhabbare Absicherung der
> Nutzungsrechte an einer Idee.
> 
> Wer also Patente strikt ablehnt, muss letztlich auch gegen den Schutz
> des geistigen Eigentums sein. Und wer Patente allgemein befürwortet,
> muss sich schon fragen lassen, warum die Software-Branche hier nun
> eine so bedeutende Ausnahme darstellt.

Zum einen gibt es auf den meisten anderen Gebieten nichts zur Freien
Software vergleichbares, da woanders die Erstellung von Kopien
normalerweise nicht von jedem Benutzer erfolgen kann sondern besondere
Maschine erfordert. Ein Auto kannst du nicht so einfach kopieren, ein
Computerprogramm schon.

Ausserdem ist im Software-Bereich der Innovationszyklus viel kleiner:
20 Jahre (oder was ist derzeit in Deutschland die Gueltigkeitsdauer
von Patenten?) sind dort eine Ewigkeit. In einen Auto wie es vor 20 Jahren
gebaut wurde kann man sich z.B. noch recht gut vorstellen zu fahren, aber
nur mit 20 Jahre alter Software zu arbeiten?

> Man kann bei der Patentierung ja durchaus im Einzelnen Regelungen
> einführen, die den Besonderheiten der Softwarebranche entgegenkommt -
> aber prinzipiell halte ich Patentierung von Software und damit
> Algorithmen nicht für zwangsläufig problematisch.
> 
> Ganz im Gegenteil: Durch die Unmöglichkeit der Patentierung werden
> heute so viele Ideen und viel Software geheim gehalten, da sie jeder,
> der sie kennt, auch (kommerziell) nutzen könnte. Mittels Patentierung
> werden diese Ideen zwangsläufig bekannt und andere können darauf
> aufbauen.
>...

Du kannst aber nur darauf aufbauen wenn der Patentinhaber das
zulaesst. Wenn z.B. Microsoft ein Patent auf einem Algorithmus hat den
man auch in Linux gut verwenden koennte kann man diesen Algorithmus wohl
erst in 20 Jahren in Linux einbauen.

> Diesen Aspekt sollte man vielleicht nicht ganz unter den Tisch fallen
> lassen.
> 
> -- 
> Until the next mail...,
> Stefan.

cu,
Adrian

-- 
A "No" uttered from deepest conviction is better and greater than a
"Yes" merely uttered to please, or what is worse, to avoid trouble.
                -- Mahatma Ghandi


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