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Re: [OT] Sprachentwicklung



Hallo Gebhard Dettmar, hallo auch an alle anderen

Freitag, 7. April 2006 00:00 - Gebhard Dettmar wrote:
> On Thursday 06 April 2006 14:25, Matthias Houdek wrote:
> > Hallo Heimo Ponnath, hallo auch an alle anderen
> >
> > Mittwoch, 5. April 2006 22:09 - Heimo Ponnath wrote:
> > > Die Diskussion wird immer interessanter,
> > >
> > > Am Mittwoch, 5. April 2006 20:48 schrieb Gebhard Dettmar:
> > > > Das steht halt so in meinem Langenscheidt:
> > >
> > > Dann schiebe ich hier doch mal noch herein, was das Große
> > > Deutsche Wörterbuch der Gebrüder Grimm dazu sagt.
> >
> > Das ist ja nun endlich mal ein grundlegender Beitrag. (Hat sich
> > davor überhaupt schon jemand wissenschaftlich mit dem Deutschen
> > beschäftigt?)
>
> Habe mal Erkundigungen eingezogen (Dank an Ulrich Victor,
> Altphilologe an unserm Institut)
> ---schnipp--
> Die diachronische Betrachtungsweise ist in der Frage des Artikels von
> Fremdwörtern fehl am Platz. Die Betrachtungsweise muß synchron sein
> [gemeint ist zeitlich, GD], weil die Sprecher nach Analogien suchen.
> Es heißt z. B. die Bouillon, 

Wer sagt denn _die_ Bouillon? Ich jedenfalls nicht. Noch nie. 
Immer "der".

> weil im Deutschen die Brühe, statt 
> richtig der Bouillon / le bouillon, und es  heißt (auch) der Meter,
> weil  -er eine maskuline Endung hat  (Bäck-er etc.). 

Aber: das Chronometer (u.a.) 

> die Frage nach 
> vallum, vallus trifft die Sache nicht. Das Wort  -wall bestimmt in
> firewall das Geschlecht, und das ist eben, ungeachtet gewisser
> Unterschiede, im Deutschen der Wall. Sind Sie nun klüger?  U.V.
> ---schnapp---
> Er räumte aber auf meinen Hinweis engl. wall = deutsch die Mauer (wg.
> synchroner Betrachtungsweise) sofort ein, dass dies ebensogut den
> Ausschlag geben könne. Zu meiner These, lat. Lehnwörter bestimmten
> das deutsche Geschlecht: das kann, muss aber nicht sein. Es gibt im
> wesentlichen 2 Fälle: 1. Lehnwörter, i.d.R. bis zum 12. Jh.
> übernommen, orientieren sich höchst sporadisch am lat. Genus, gern
> auch am bloßen Klang. D.h. für den deutschen Wall: kann von vallus,
> i. mask. herrühren (Grimm ist ein schönes Wörterbuch, hat hier aber
> nichts zu sagen, da ist man heute weiter (sagt er)), aber ebensogut
> an ähnlichen Einsilbern wie Fall, Schall, Hall.

Auch ein interessanter Ansatz.

> 2. Fall: die "echten" Fremdwörter, wie meine Summe. Die bildeten sich
> seit dem 15. Jh. und hier ging man strikter, wenn auch immer noch
> nicht völlig strikt nach dem Genus des Ursprungwortes.
> Ergo: Ihr habt recht, auch wenn (s.u.) Weekley's etym. Wörterbuch
> engl. wall vom lat. vallum abstammen lässt.
>
> Grimm kann sich ja nicht richtig entscheiden, weswegen beide Parteien
> ihn für sich in Anspruch nehmen können:
> > > [...]
> > > aufgeschüttet wird; an urverwandtschaft mit diesem wort zu
> > > denken, liegt kein genügender grund vor. der wechsel des
> > > geschlechts hat seine analogie an wein, lat. vinum und vielen
> > > andern wörtern, doch
>
> spricht für euch
>
> > > kommt früher auch das neutr. vor, namentlich in der bedeutung
> > > 'burgwall' (unten 1), auch STIELER 2412 kennt noch das wahl (in
> > > den verbindungen nur der wall)...
>
> Doch nicht
>
> > > bedeutung und gebrauch. lat. vallum ist der mit pallisaden
> > > versehene wall um das lager oder auch die pallisadenverschanzung
> > > selbst. davon weicht das asächs. wal 'wand, mauer' ab, das mit
> > > fries. wal RICHTHOFEN 1122 und ags. weall BOSWORTH-TOLLER 1074
> > > übereinstimmt:
>
> Dicker Punkt für euch, aber ...
>
> > >[...]
> > >
> > >  wegen dieser abweichenden bedeutung das asächs. ags. wort von
> > > vallum ganz zu trennen oder nur urverwandtschaft  [27,1257]   mit
> > > diesem anzunehmen, ist nicht genügend gerechtfertigt.
> > > wahrscheinlich diente schon im vulgärlat. vallum auch zur
> > > bezeichnung einer aus stein und mörtel hergestellten
> > > befestigungsmauer, so dasz die Sachsen sich dann das wort in der
> > > bedeutung 'mauer' aneignen konnten. im hochd. scheint
>
> Na also. Bedeutungswandel ist normal, ja zwangsläufig, und
> entscheidet hier nicht. Solange vallum nicht aus dem Spiel ist, ist
> es auch nicht der Firewall (wg. vallus koll. für vallum, wenn sowohl
> deutsch Wall wie engl. wall etym. von vallum abstammen)
>
> > > diese verwendung nicht bekannt gewesen zu sein, wie überhaupt
> > > wall in den ältesten quellen fehlt. NOTKER im Boetius 1, 29 (1,
> > > 46, 20 ff. Piper) bedient sich bei der beschreibung der römischen
> > > lagerbefestigung des ausdrucks grabohûfo für 'wall'. dagegen
> > > erscheint in einem glossar des 11. jahrh. bei den sich auf eine
> > > burg beziehenden ausdrücken auch hiatus, erdewal. STEINMEYER -
> > > SIEVERS gl. 3, 381, 8. wall bezeichnet also zunächst die zur
> > > befestigung dienende erdaufschüttung, ohne dasz wie bei vallum
> > > ein darauf angebrachter zaun mitverstanden zu werden pflegt.
> > > später werden auch andre dämme und erdaufwürfe und selbst
> > > natürliche erhebungen wall genannt; so entwickelt sich auch das
> > > nd. wall 'küste'. doch steht wall als theil einer befestigung
> > > immer im vordergrund. auch der bildliche gebrauch knüpft fast
> > > ausschlieszlich daran an...
> >
> > Tja, da waren die Angelsachsen wohl in der Verwendung des Begriffes
> > schon ein wenig weiter - und inzwischen hat er eine (fast)
> > grundsätzlich andere Bedeutung. ;-)
>
> Da haben wir doch nichts als eine Veränderung der Bauweise
> (Pallisaden -> Erdhaufen -> Mauer mit Mörtel). 

Naja, im Deutschen wird Wall auch für nicht errichtete, sondern 
natürliche Wälle verwendet. Im Englischen zwar auch, da aber eher für 
eine Felswand. Womit der Neigungswinkel der Seiten wieder eine nicht 
untergeordnete Bedeutung hat.

Daraus leitet sich unweigerlich die Frage ab: Welchen Neigungswinkel 
haben die Seiten eine[r|s] Netzwerk-Firewall? ;-)

> Jetzt fehlte mir 
> eigentlich nur noch ein Blick in Keats etymologisches Wörterbuch, was
> ich heut in der Bibl. tun wollte - grrr, die Anglisten leihen ihre
> Wörterbücher in den Ferien aus - sagenhaft!!! Es stand nur noch ein
> läppischer Weekley (+ natürlich 2 Regale mit Oxford Engl. Dictionary)
> rum. Also, engl. wall kommt von lat. vallum, und da das wiederum
> kollektiv für vallus, i, mask. verwendet wird ...
> Nur dass mir das alles nichts nützt (s.o.) Schade, hätte so schön
> gepasst ;-)
>
> Wie gesagt, gebe mich geschlagen ;-)
> Gruß Gebhard

Nicht doch.

-- 
Gruß
                MaxX

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