Re: Buster ohne systemd
Marc Haber - 08.09.19, 14:23:34 CEST:
> >Das ist halt der deutliche Unterschied zwischen einer
> >firmengetriebenen und einer Community Distribution.
> >
> >Red Hat hat halt gesagt "Keine Initscripte mehr! Umsetzen!" und damit
> >war das Thema dann durch.
>
> Richtig. Das ist einer der Gründe, warum Debian nicht mehr
> technologisch führend ist, sondern nur noch das - besser! - nachbaut,
> was Red Hat entschieden hat.
Für mich ist das eine Frage der Perspektive.
In Bezug auf Wahlfreiheit ist Debian für mich gegenüber um Längen
gegenüber vielen anderen Distributionen weit vorne. Denn bei Debian habe
ich diese noch in wesentlichen Aspekten (Init System, Netzwerk-
Konfiguration und einiges weitere mehr), wo ich die bei RHEL nicht mehr
habe oder gar nie hatte. Für mich ist das ein wichtiger Aspekt, da mir,
je mehr ich mit freier Software Arbeit eben genau dieser Aspekt der
Freiheit immer wichtiger geworden ist.
Was ich auch sehe ist, dass viele Upstream-Entwickler bei Red Hat
arbeiten, und das eben auch an den Upstream-Projekten. Bezahlt. Es gibt
bei Debian auch Entwickler, die bei Upstream-Projekten mit helfen, unter
anderem einige im Debian/Kubuntu Qt/KDE Team. Jedoch ist das bei diesen
Entwicklern in der Regel neben bezahlter Job und der Debian-Arbeit. Da
dürfte deutlich weniger Zeit dafür bleiben als bei zumindest teilweise
bezahlter Upstream-Arbeit. Manchmal paketieren Upstream-Entwickler als
Debian-Entwickler auch gleich für Debian, das dürfte auf andere
Distributionen jedoch ebenso zutreffen.
Kurz gefasst: Neben hierarchischer Entscheidungs-Strukturen spielt hier
noch etwas Anderes mit. Geld. Und zwar Einiges an Geld. Und in Zukunft
wahrscheinlich noch mehr Geld, nachdem IBM Red Hat gekauft hat.
Da kommen ja auch einige nette Entwicklungen bei raus: z.B. die
Weiterentwicklung von Chrony, meinen bevorzugtem NTP-Dienst, oder das
neue Pipewire. Wobei das mal interessant ist, da ich da in der Tat
vermute, dass von Seiten des Upstream-Projektes Sysvinit keine Rolle
spielt. Aber das startet ja wahrscheinlich die Desktop-Umgebung via
DBUS. Und da einige Desktop-Umgebungen auch für FreeBSD und teilweise,
zumindest was einige Anwendungen betrifft, für FreeBSD und Co sowie Mac
OS X und Windows verfügbar sind, gehe ich davon aus, dass sich Pipewire
auch ohne Systemd betreiben lassen wird. Auch für diese bezahlte
Upstream-Arbeit bin ich dankbar und ich sehe, wie auch Debian von
zumindest einem Teil davon einen Nutzen hat.
Es ist leicht hier zu vereinfachen, und
1. von einer technologischen Führung durch Red Hat auszugehen und
2. diese dann an einem Aspekt – hier hierarchische
Entscheidungsstrukturen – fest zu machen.
Allerdings treffen solche einfachen Erklärungen oft eben allenfalls
teilweise zu.
Da ich davon ausgehe, dass wir (teilweise) bei unterschiedlichen
Ansichten bleiben, erkläre ich hier meine Bereitschaft, das einfach so
sein zu lassen ("agree to disagree"). Möglicherweise ist das mein
letzter Beitrag zu diesem Diskussionsfaden.
Ciao,
--
Martin
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