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Re: Verhaltensweise bei „unreadable sectors“



Hallo Cristoph,

Christoph Schmees schrieb am Montag, den 25.02.2019 um 18:55:
> Am 25.02.19 um 17:39 schrieb Peter Funk:
> > Hallo ihr,
> > 
> > Christoph Schmees schrieb am Montag, den 25.02.2019 um 15:57:
> >> ...
> >> Vorgehensweise? Platte auswechseln. 
> > 
> > Ist dieser Rat nicht ein wenig übertrieben und erzeugt noch
> > mehr Elektronik-Schrott als unsere Zivilisation sowieso schon
> > erzeugt?
> > 
> > Es kann doch immer mal vorkommen, dass die Elektronik einer
> > Festplatte die Daten eines einzelnen Sektor nicht wieder
> > rekonstruieren kann.  
> 
> nein. 

An dieser Stelle möchte ich Dir widersprechen.  In meiner langjährigen
Erfahrung waren in der Regel Dateien betroffen, die nur selten ausgelesen
worden sind.  Dort hat die Magnetisierung dann im Laufe der Zeit nach
gelassen und die Daten konnten trotz der in den Platten vorhandenen 
Redundanz und Fehlerkorrektur nicht wieder hergestellt werden.

> > Das muss noch lange nicht bedeuten, dass
> > dieser Sektor oder weitere Bereiche der Platte physikalisch
> > defekt sind.  
> 
> doch. 
> 
> "Moderne" Platten haben eingebaute "Intelligenz" und
> Mechanismen  zur Sicherstellung der Daten-Integrität. Zu
> jedem Sektor wird eine checksum geschrieben und beim
> Lesen verglichen.  Wenn die beim Lesen nicht stimmt, wird
> der Lesevorgang wiederholt, typischerweise bis zu zehn
> mal. Manchmal lassen sich damit auch einem "weichen" Sektor
> noch seine Daten entlocken. Die vom OP genannte Meldung
> besagt, dass das in diesem Falle nicht gelungen ist! ->
> Der Sektor ist, wenn nicht bereits ganz kaputt, dann doch so
> weich, dass ich ihm keinesfalls mehr Daten anvertrauen würde.
>
> Sektoren, die von dieser Selbstkontrolle für physisch
> defekt gehalten werden, ersetzt die Plattenelektronik durch
> Reservesektoren. Das bleibt für das System darüber erst
> mal transparent; man erkennt es nur an den /reallocatinos/
> in den SMART Attributen.

Das mag ja alles sein. Jedoch ist keine mir bekannte Platten
Firmware so ausgelegt, dass sie regelmäßig alle Daten „einmal
besucht“ und durch Lesen und Neuschreiben wieder auffrischt.

> > Wahrscheinlich lässt sich der Sektor ganz normal
> > wieder beschreiben.  
> 
> nein, er lässt sich ja nicht einmal lesen!

Was soll das denn für ein Argument sein?
Lesen ist deutlich schwieriger als Schreiben!

> > Ärgerlich ist nur, dass die Daten,
> > die dort waren, nicht rekonstruiert werden konnten und dass
> > die obige Fehlermeldung alleine leider keine Rückschlüsse
> > darüber erlaubt, um was es sich dabei nun genau gehandelt hat.
> > 
> > Um den Fehler zu beheben, muss der betroffene Sektor nämlich
> > erneut mit Daten (z.B. aus einem Backup) beschrieben werden.
> 
> nein, die Platte ersetzt ihn stillschweigend durch Reserve. 

Das passiert normalerweise nur dann, wenn sich der Sektor nach
dem erneuten Beschreiben nicht wieder auslesen ließ. Lesefehler
kann keine Firmware stillschweigend ersetzen: Dazu müsste sie
Zugriff auf einen kompletten Backup der Daten haben: Ergo die
Nettokapazität der Platte wäre weniger als die Hälfte der
verfügbaren Bruttokapazität: Soviel Redundanz sieht kein
Hersteller vor.

> > Wie kann heraus gefunden werden, um welche Daten es sich 
> > gehandelt hat?  Eine Möglichkeit ist das Kommando::
> > 
> >   find / -xdev -type f -print0 | xargs -0 sha512sum
> > 
> > um jede Datei im System auszulesen.  Wenn der Sektor zu
> > einer dieser Dateien gehört, kann anhand einer Fehlermeldung
> > festgestellt werden, ob und welche Datei betroffen ist.
> > 
> > Bitte beachten, dass es eine schlechte Idee ist, die betroffene Datei
> > einfach zu löschen: Sie muss an Ort und Stelle mit Daten beschrieben
> > werden, damit die Platte die Chance bekommt, den Sektor „neu zu
> > magnetisieren“.  Falls obiges Kommando keinen Lesefehler produziert,
> > dann ist der betroffene Sektor vermutlich in der "freelist".
> > Bei Fehlern, die beim Ablaufen des Verzeichnis-Baumes auftreten, ist
> > der Sektor vermutlich Teil der Dateisystem-Infrastruktur.  In diesem
> > letzterem Fall kann u.U. nicht mal ein "fsck" helfen und es kann dann
> > notwendig werden, das Dateisystem komplett neu zu formatieren.
> > 
> >> Wenn du es nicht glaubst, dann sieh dir mit GSmartControl
> >> die Attribute an und/oder mache den ausführlichen
> >> Selbsttest. ((geht auch mit smartmontools direkt, aber
> >> unhandlich.))
> > 
> > Ich habe nicht verstanden, was das bei der Identifikation und
> > Rekonstruktion der verlorenen Daten helfen soll. 
> 
> gar nichts. Es hilft nur bei der Einschätzung, *wie*
> krank die Platte ist. Die betroffene Datei ist mit großer
> Wahrscheinlichkeit hin. Die gute Nachricht: Meist sind Dateien
> des Betriebssystems betroffen, weil in den Bereichen häufig
> zugegriffen wird. Benutzerdateien erwischt es höchst selten.

Diese Einschätzung widerspricht meiner persönlichen Erfahrung:

Firmware aus dieser Zeit ist in der Regel schon so ausgelegt,
dass sie bei Einzelbit-Lesefehlern, die von der platteninternen
Fehlerkorrektur erwischt werden, die betroffenen Sektoren tatsächlich
stillschweigend neu schreibt.

Deshalb entwickeln sich nicht korrigierbare Lesefehler perfider
Weise häufig auf Platten in den Dateien, die nicht regelmäßig
im Zuge eines Gesamt-Backups komplett ausgelesen worden sind.

So ein langer Selbsttest kann deshalb die Lebenszeit der Platte
verlängern, da dabei auch selten benutzte Bereiche ausgelesen
und damit Einzelbit-Lesefehler verringert werden.

> Übrigens, die Platte stammt von 2010, da darf sie schon
> verschlissen sein. Vielleicht liest der OP auch mal die SMART
> Betriebsstunden und die Anzahl der Einschaltvorgänge aus.

Ich glaube nicht, dass diese Parameter in diesem konkreten
Fall bei der Einschätzung helfen, warum die Magnetisierung
von paar Bits zu viel in einem einzelnen Sektor zu stark nach
gelassen hat.  Ich weiß von vielen Festplatten bei uns in
der Firma und bei Kunden, die deutlich älter als 10 Jahre sind.
Es kann natürlich sein, dass die Platte vielleicht tatsächlich
bald ihren Geist aufgibt.  Aber ich würde das mit dem Neuschreiben
des Sektors als Erstes probieren.  Oft hat das Erfolg gehabt 
und in der Platte steckten noch einige Jahre Betriebszeit.

> Das Argument mit dem Elektronik-Schrott verstehe ich; ich
> bin selbst ein eingefleischter Ressourcen-Schoner. :-) Aber
> leider sind Festplatten als Verschleißteile konzipiert. Wenn
> so eine Platte einmal abgenudelt ist, dann ist sie am Ende,
> Punkt. Dann hilft nur Austausch. Die Platten kann man zum
> Recycling bringen, die gehören keinesfalls in den Hausmüll!

Das stimmt.
 
Liebe Grüße, Peter Funk
-- 
Peter Funk ✉:Oldenburger Str.86, D-27777 Ganderkesee; ☎:+49-179-640-8878 
office✉: ArtCom GmbH, Haferwende 2, D-28357 Bremen, Germany
☎:+49-421-20419-0 <http://www.artcom-gmbh.de/>

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