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Re: [debian-knoppix] Unfreie Pakete



On Tue, Jul 23, 2002 at 12:21:40PM +0200, Bernhard Reiter wrote:
> On Mon, Jul 22, 2002 at 11:39:42PM +0200, Klaus Knopper wrote:
> > On Mon, Jul 22, 2002 at 06:34:39PM +0200, Bernhard Reiter wrote:
> 
> > Aber anscheinend einer mit Prinzipien. ;-)
> Jeder Mensch hat welche. ;-)

Klar. :-)

> > Nein, eben nicht. Es gibt doch durchaus auch Software ohne Source, bei
> > der der Autor die Weitergabe zu beliebigen Zwecken erlaubt.
> > Freeware, Public Domain, und wie sie alle heißen, wenn man mal NICHT von
> > Freier Software spricht.
> 
> Ich diese Software nicht verändern, studieren, anpassen.
> Das ist für mich "Anwenden".

Willkommen im Klub der 1 Promill User-die-sich-für-den-Quelltext
-interessieren. ;-)

(Ich gehöre natürlich auch dazu. 2 Seiten Kernel-Quelltext und
Changelogs als Frühstückslektüre müssen schon sein.)

> > "Feel free to do what you want with this program."
> > "Nur" der Source ist nicht frei. Solche Programme gibt's halt auch.
> 
> Ja, aber sie gehöhren nach verbreiteter Ansicht (SPI,FSF,OSI)
> zur proprietären Kategorie.

Ja. Sind sie deswegen funktional schlecht?

> > Freiheit in der Weitergabe ohne Einschränkung der Art
> > (kommerziell/nichtkommerziell) ist für mich als Kriterium ausreichend,
> > um als Programm auf der KNoppix prinzipiell in Frage zu kommen.
> > Präferenz liegt natürlich auf Freier Software, aber wenn es die
> > ausnahmsweise nicht in der gleichen Qualität gibt (meistens ist es ja
> > umgekehrt), muss halt auch mal ein Programm ohne verfügbaren Source drauf.
> 
> Nun Du darfst da natürlich diese andere Einstellung haben.
> Die Freie Software-Bewegung lebt jedoch davon, dass wir die benötigte
> Software als Freie Software schaffen, weil diese Freiheit der
> Software ein eigner moralischer Wert ist.

Das Ziel habe ich ja auch. Wenn jemand einen Freien PDF-Editor schreiben
würde, würde ich mich auch gerne arbeitsmäßig wie finanziell daran
beteiligen. Ich bin aber nicht gewillt, so lange zu warten und deswegen
- im Fall eines guten Readers - auf Funktionalität zu verzichten, zumal
dieser als Binary frei verfügbar ist. Ich sehe das als Zwischenlösung
und handhabbaren Kompromiss. Es geht mit der Entwicklung von xpdf auch
nicht "schneller", wenn acroread NICHT auf der Knoppix drauf wäre.

> > > Für mich bringen die Freiheit die Software anpassen, studieren,
> > > kopieren und (sogar gegen Geld) wieder veröffentlichen dürfen ein
> > > wichtiger praktischer Vorteil.
> 
> > Ja, den Vorteil habe ich aber bei acroread als Beispiel LEIDER nicht.
> > Dennoch bin ich in vielen Punkten darauf angewiesen, solange noch keine
> > Freie Alternative existiert, die alle Features hat, die ich brauche.
> 
> Indem Du Daten in solch proprietären Formaten verwendest, übst Du Druck auf
> andere Menschen aus, proprietäre Programme zu verwenden.

Das PDF-Format ist nicht proprietär, nur acroread und Acrobat.
PDF ist ein extrem fähiges layoutgetreues Austauschformat. Wenn es dafür
einen freien Editor gäbe, würden sich viele proprietäre
Office-Komponenten binnen kurzem in Staub auflösen.

> > Wie gesagt, ich denke mehr praktisch als philosophisch.
> 
> Das ist dann Deine politische (oder auch philosophische) Einstellung.

Nein, meine praktische. ;-)

> > Kannst Du mir beispielsweise erklären, warum xv ("Pizza-Ware", wobei die
> > Registrierung völlig optional ist) gar nicht mehr in Debian drin ist?
> 
> Welches xv meinst Du? Vielleicht das Pixel-Anzeige Programm:
> 
> http://www.trilon.com/xv/pricing.html
> 	On the other hand, if you use xv in the course of doing your
> 	work, whatever your 'work' may happen to be, you must register your
> 	copy of xv. (Note: If you are a student, and you use xv to do
> 	classwork or research, you should get your professor/teacher/advisor
> 	to purchase an appropriate number of copies.)
> 
> 	xv licenses are $25 each

Die meinte ich. Hat ausser mir jemals jemand beim Autor rückgefragt, wie
ernst es ihm mit den $25 ist, und ob er drauf besteht?

> > Und bei einigen Paketen, bei denen der Autor offensichtlich in einem
> > Anfall von heiterkeit eine unsinnige Lizenz beigelegt hat ("Frei, aber
> > nur wenn die Sekretärin nicht blond ist"), und dennoch eine
> > uneingeschränkte Weiterverteilung inclusive Source wünscht, spricht für
> > mich auch nichts gegen eine Qualifizierung als "Free".
> 
> Wer keine ausdrückliche Erlaubnis beilegt, dass die Software
> entsprechend verwendet werden kann, hat dies nicht erlaubt.
> Insofern ist hier davon auszugehen, dass eine solche Erlaubnis nicht
> existiert.

Weil die Sekretärin blond ist? Also bitte...
Das wäre rein rechtlich schon nicht haltbar.

> > Achso. Na, dann ist es doch OK.
> 
> Die Version auf der 3.0 vielleicht noch nicht.

Inwiefern besteht hier eine Gefahr für mich oder die Anwender?

> > 
> > Wieso? Ghostscript ist doch auch drauf. 
> 
> GNU Ghostscript ist übrigens Freie Software.

Weiß ich, das meinte ich ja. Es ist ein Freies und ein
nicht-Freies-aber-frei-verteilbares Programm zum Anzeigen von
PDF-Dateien drauf.

> "Ansehen" war im Weiteren Sinne gemeint.
> Ein Ausfüllen der Formulare zum Beispiel.
> Wer verhindert denn, dass Adobe so schnell immer neue
> Formatversionen erstellt, dass wir immer deren proprietäre Software brauchen?

Niemand, aber solche Formate würde auch niemand mehr benutzen wollen.

Das Monopol bei gewissen anderen Herstellern ist stärker als bei Adobe,
eigentlich kann sich im Moment nur einer leisten, permanent zu allen
(auch den eigenen) Standards inkompatible Produkte zu schaffen, und die
Anwender lassen es sich gefallen und freuen sich sogar über jede neue
Version. Ich frage mich immer, wann der Punkt kommt, an der die Geduld
und Zahlungswilligkeit erschöpft ist, aber das gehört dann wieder zum
Thema Philosophie.

> > > Die Gefahr ist sicherlich eine andere bei gif, da Unisys Lizenzgebühren
> > > verlangt und das Patent nicht total leicht vor Gericht zerlegbar ist.
> > 
> > Das Problem ist eher, dass sich viele bereits durch eine Abmahnung
> > einschüchtern lassen und lieber die meines Erachtens illegalen
> > Lizenzgebühren zahlen, als vor Gericht für ihr Recht einzustehen.
> > Wenn die Firma Unisys von mir Lizenzgebühren verlangt, gehe ich vor
> > Gericht. Das bewirkt viel mehr, als einfach nur auf ein Standard-Format
> > zu verzichten.
> 
> In den USA hättest Du keine grosse Chance.

Dort wird man schon verklagt, wenn man die falschen Socken an hat, das
sind einfach andere Dimensionen. In Europa verklagt man sich noch nicht
so schnell "zum Spaß", weil es hier auch teurer ist, und die meisten
Richter wohl ein Mindestmaß an common sense mitbringen. Zumindest bilde
ich mir das ein.

> > Übrigens unterliegt das JPEG-Format seit einiger Zeit der gleichen
> > Problematik. Man kann doch nicht imme nur Zugeständnisse machen, und
> > sich mehr und mehr zurückdrängen lassen, oder? Ein bisschen Offensive
> > zeigen sollte drin sein. NOCH darf man in Deutschland legal Programme
> > schreiben und verteilen, die GIF und JPEG schreiben.
> 
> Wenn ich mich richtig entsinne, dass gilt das Patent was JPEG
> teilweise betrifft auch hier in Europa. Programme damit schreiben
> war immer erlaubt und wird es auch bleiben. Patente drehen sich nur
> im die gewerbliche Anwendung. Bisher setzt keiner die Ansprüche
> durch, aber es ist auch in Deutschland prinzipiell möglich.

Prinzipiell kann man auch Lizenzgebühren für das Auslesen der Uhrzeit
aus dem Bios erheben. Die Frage ist, ob eine entsprechende Klage
Aussicht auf Erfolg hätte (hier, nicht in USA).

> > > > xine ist auch nur solange Frei, bis man damit die häufigst genutzen
> > > > Formate abspielen möchte.
> 
> > Tja. Die Frage ist, wie sieht ein "Kompromiss" aus? Gar keine Videos
> > mehr abspielen können? Auf das Anschauen von DVDs oder Video-CDs
> > unter Linux ganz verzichten?
> 
> Auf freie Formate drängen, 
> schliesslich sind wir die Kunden der Filmehersteller.

Die Freie-Software-zugeneigten Kunden sollen aber nicht Nachteile
gegenüber den anderen in Kauf nehmen, sonst läuft was falsch. Es macht
einen Unterschied, ob man Freie Software BEVORZUGT, oder ob man alles
andere kategorisch ablehnt. Dazwischen sind alle Abstufungen möglich.
Solange es der Mehrheit - leider - egal ist, ob ein Programm Frei ist
oder nicht, müssen die Hardcore-Verfechter von Freier Software eine
gewisse Leidensfähigkeit mitbringen.

Ich möchte aber Umsteigern den Umstieg technisch erleichtern, nicht
ihre Leidensfähigkeit vergrößern oder Evangelist spielen.

> Wer seinen eigenen Film kodiert kann auch ein Format nehmen,
> was er mit Freier Software abspielen kann.

Welche für Anfänger geeignete Software zum Encoden gibt es unter Windows,
welche unter Linux? (Das war eine rhetorische Frage, bitte nicht antworten. ;-)

> > Ich halte es für einen Nachteil, sich ZU "stur" an Free (vs. Open Source
> > vs. Public Domain vs ...) zu orientieren. 
> 
> Die Einteilung in Freie und nichtfreie Software stammt aus 
> Mitte der 80iger und hat sich sehr bewährt.

Die Unterscheidung nach OpenSource im Sinne von www.opensource.org und
nicht-OpenSource aber auch. Das ist nicht dasselbe wie Frei-nichtFrei,
aber man kann genauso gut damit leben und verbaut sich auch nichts.

Abgesehen davon ist proprietäre Software auch nicht (immer) schlecht!
Man hat einfach als Empfänger der Software wesentlich weniger Möglichkeiten,
deswegen wird sich, wie gesagt, Freie Software und Open Source
langfristig durchsetzen. Mit Softwarepatenten dauert es nur länger.

> Die Debian Free Software Guidelines und die OSI-Kriterien versuchen
> diese nochmals anders zu erklären und beziehen sich mehr auf die
> Lizenzbedingungen. 

Mit diesen Kriterien bin ich auch nicht immer einverstanden, aber das
ist eine persönliche Ansicht. Für die Knoppix-CD ist die Funktionalität
und die freie Verteilbarkeit für mich entscheidend. Die CD enthält ja
auch schon fast ausschließlich Freie Software, aber für das verbleibende
1% akzeptiere ich auch andere, solange die CD frei verteilbar bleibt.
Wen damit nicht leben kann, kann gerne einen Code Fork anstossen und
eine komplett Freie Version generieren. Fände ich sehr gut.

> Was den Status bezüglich der Nutzungsrechte angeht, so ist Public Domain 
> auch Freie Software und "Open Source" bezeichnet (bis auf wenige
> Interpretationsunterschiede) die gleiche Gruppe.

Es gibt aber auch Public Domain Software ohne Quellen!

> Die Bewegungen sind allerdings unterschiedlich.

Ja, und man muss immer individuell entscheiden, was noch akzeptabel ist
und was nicht.

> > Dadurch verbaut man sich einiges. 
> Nur so können wir mittelfristig den Bestand Freier Software sichern.

Ich denke, es geht auch (und vielleicht sogar schneller), wenn man
weniger streng ist.

> > Im Moment läuft ja gerade die Diskussion, ob der Linux-Kernel
> > nun überhaupt GPL sein kann.
> 
> Da gibt es mehrere Probleme, welcher tatsächlich ernster Natur sind.

Ha, erwischt! Und, soll ich den Kernel nun entfernen? ;-)

> > Bei Interesse kann ich gerne eine "Philosophieseite" zu dem Thema einrichten.
> 
> Es wäre sicherlich hilfreich die Nutzer von Knoppix prominent darauf
> hinzuweisen.

Deshalb ist auf den meisten Webseiten und auch auf der CD ein Link zu
den LinuxTag-Webseiten. Der LinuxTag ist ja auch in dieser Richtung
politisch aktiv und hostet das Knoppix-Projekt.

> > Ja, aber da für patentierte Softwareteile Lizenzgebühren anfallen
> > können, ist es belanglos, ob der Quelltext offen ist oder nicht, da man
> > ihn nicht mehr kostenfrei verwenden DARF. 
> 
> Kommt auf die Nutzungsart und den Patentrechteinhaber an.
> Bei nichtgewerblicher Nutzung ist das weiterhin erlaubt.

... was sich jederzeit ändern könnte, außerdem sind nach der Definition
von Open Source (und der GPL auch) keine Unterscheidungen zwischen
kommerzieller Nutzung und nichtkommerzieller Nutzung zulässig.
("Non-discriminating" Paragraph, www.opensource.org)

Eine Diskriminierung der kommerziellen Nutzung würde dazu führen, dass
man mit Freier Software kein Geld mehr verdienen darf, was die
Motivation vieler Firmen, Freie Software zu entwickeln und zu fördern
doch, gelinde gesagt, sehr einschränken würde.

Und: Was ist gewerbliche Nutzung, was nicht-gewerbliche Nutzung? Ist es
gewerbliche Nutzung, wenn man die Knoppix-CD zu Schulungszwecken
einseztz? Wenn ein Student CDs gegen Gebühr verschickt? Wenn man die
Knoppix als Basis für eine Beratung verwendet? Wenn man mit der Software
Geld verdienen _könnte_?

Das hängt wohl dann im Zweifelsfall von der Tagesform des Richters ab.

> > Es ist dann nicht mehr so,
> > dass man an die Quelltexte nicht dran käme, sondern es wird schlichtweg
> > VERBOTEN, Software zu schreiben. 
> 
> Schreiben dürftest Du weiterhin alles, nur nicht gewerblich nutzen
> ohne entsprechende Vereinbarung mit dem Rechteinhaber.

Wie gesagt, alleine die Tatsache, dass die CD irgendwo kostenlos angeboten wird,
oder nur beiliegt, könnte als Werbung gelten und damit kommerziell sein.

Gruß
-Klaus
_______________________________________________
debian-knoppix mailing list
debian-knoppix@linuxtag.org
http://mailman.linuxtag.org/mailman/listinfo/debian-knoppix


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